Das Völkerrecht steht heute zunehmend unter Druck. Dominierte in den 1990/2000er Jahren noch die Vorstellung, dass sich das Verhalten staatlicher und nicht-staatlicher Akteure auch jenseits des Nationalstaates durch rechtliche Normen effektiv konditionieren lasse, fühlen sich heute vor allem Anhänger des Realismus bestätigt, die dem Völkerrecht diese eigenständige Bedeutung zur Beeinflussung der Weltpolitik im Großen und Ganzen absprechen. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine und der damit einhergehende Bruch des Gewaltverbots in der UN-Charta ist nur das jüngste und drastischste Beispiel, das die Frage aufwirft, ob das Völkerrecht an seinem Ende ist. In dem Blockseminar gehen wir dieser Frage nach, indem wir zunächst die Phänomene „Verrechtlichung“ der Weltpolitik und „Backlash“ gegen das Völkerrecht theoretisch beleuchten. Im zweiten Teil konzipieren und bearbeiten die Studierenden eigenständig kleinere Fallstudien, anhand derer sie aktuelle Herausforderungen für das Völkerrecht untersuchen. Mögliche Themen umfassen, neben Fällen des genannten offenen Bruchs des Völkerrechts, z.B. den Ausstieg aus internationalen Verträgen, wie dem Pariser Klimaschutzabkommen oder dem Energiecharta-Vertrag oder Versuche der Delegitimierung internationaler Gerichte, wie dem Internationalen Strafgerichtshof oder dem Streitbeilegungsmechanismus der WTO. Wir wollen gemeinsam verstehen und diskutieren, warum die Etablierung von Rechtsstaatlichkeit jenseits des Nationalstaates schwierig ist, woher der Widerstand gegen das Völkerrecht kommt und ob die Lage wirklich so dramatisch ist, wie sie erscheint.

 

 

Studienleistung: Mitwirkung an einer Fallstudie und Präsentation der Ergebnisse im Rahmen des Seminars

Prüfungsleistung: Hausarbeit nach Maßgabe der Prüfungsordnung

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2023/24