In der 2021 abgeschlossenen Edition Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945 findet sich ein Tagebucheintrag der Studentin Sara Glejch. Darin schildert sie, wie sie das Massaker an den Juden Mariupols vom 20. Oktober 1941 überlebte: „Dann waren wir an der Reihe und hatten, als wir hinter die Scheune kamen, das ganze Schreckensbild eines sinnlosen, ja absurden, in Demut ertragenen Todes vor Augen. In diesem Leichenhaufen liegen irgendwo schon Mama und Papa. […] Wir wurden zu den Gräben getrieben, die zur Verteidigung der Stadt ausgehoben worden waren. In diesen nun nutzlosen Gräben fanden 9000 Juden den Tod. […] Als ich zu mir kam, dunkelte es bereits. Die Leichen, die auf mir lagen, bebten“.

Wie zahlreiche weitere Dokumente aus der Edition durchkreuzt Glejchs Bericht die weitverbreitete Vorstellung eines im Geheimen stattfindenden, vermeintlich klinischen, industriellen Massenmords und regt dazu an, unser Wissen über den Holocaust zu hinterfragen und vor allem zu erweitern. Das Hauptseminar widmet sich der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik an den europäischen Juden als Prozess der „kumulativen Radikalisierung“. Es zeigt dessen europäische Dimension auf und fragt nach dem Zusammenhang des Judenmords mit weiteren NS-Verbrechen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2023/24