Der Grundkurs vermittelt einen Überblick über Probleme, Theorien und Grundbegriffe der praktischen Philo­sophie.

Will man wissen, was „praktische Philosophie“ ist, sollte man sich nicht von der Umgangssprache leiten lassen. Das Prädikat „praktisch“ wird hier nicht im Sinne von verwertbar, anwendungsnah oder nützlich gebraucht (obwohl praktisch-philosophisches Nachdenken zumindest im günstigen Fall auch all diese Eigenschaften auf­weist), sondern „praktisch“ ist hier vielmehr in seiner altgriechischen Bedeutung aufzufassen. Praktische Phi­lo­so­phie ist demnach die Philosophie der Praxis und eine Praxis (πρᾶξις) ist eine Tat oder Handlung, aber auch eine ausgeübte Tätigkeit, eine Gewohnheit, eine Verrichtung oder ein Verfahren. Die Kernfrage der praktischen Phi­losophie hat Kant in der Kritik der reinen Vernunft (1781, AA IV, A804) kurz und prägnant auf den Begriff ge­bracht: „Was soll ich tun?“ – Im Mittelpunkt der praktischen Philosophie steht somit die Frage nach den Re­geln und Maßstäben, den Pflichten und Verboten, die unsere Tätigkeiten bzw. Handlungen leiten.

Zu Beginn des Grundkurses werden deshalb zunächst einige handlungstheoretische Grundfragen diskutiert: Was ist eigentlich eine Handlung? Was unterscheidet Handeln von bloßem Verhalten? Können nur Menschen han­deln? Gibt es Kri­terien für vernünftiges Handeln? Und: Wie unterscheidet man eine vernünftige von einer unver­nünftigen Handlung?

Zweitens werden einige paradigmatische Teilgebiete der praktischen Philosophie dargestellt, die sich je­weils einem bestimmten Bereich menschlichen Handelns widmen. Das größte und wichtigste dieser Teilgebiete ist die philosophische Ethik, die sich in erster Annäherung als Disziplin des philosophischen Nachdenkens über das moralische Gute und das moralisch richtige Handeln bestimmen lässt. Dabei untersucht die philosophische Ethik nicht (nur) empirisch, was Menschen faktisch für gut befinden und nach welchen Maßstäben und Normen sie ihr Handeln tatsächlich ausrichten, sondern sie erarbeitet von einem genuin normativen Standpunkt aus De­fi­ni­tio­nen, Kriterien und Begründungen, die moralisch Gutes und moralisch Verwerfliches sowie moralisch ge­bo­te­nes, erlaubtes und verbotenes Handeln voneinander abgrenzen.

Drittens schließlich werden einige konkrete Anwendungsbereiche der praktischen Philosophie thematisiert, die von besonderer Relevanz für Fragen der Erziehung sowie des Lehrens und Lernens sind. Es werden aus­ge­wählte Grundeinsichten aus der Theorie der Moralerziehung, der sozialen Gerechtigkeit, der Teilhabe­ge­rech­tig­keit und der Demokratietheorie diskutiert.

Der Grundkurs thematisiert das Gebiet der praktischen Philosophie primär in systematischer Perspektive, macht aber auch mit wichtigen philosophiehistorischen Lehrstücken vertraut.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2023/24