Internet und Social Media können unbestreitbar als eine der größten Kulturleistungen der Menschheit gelten. Fraglich ist, ob die Menschen das in einigen Jahren auch noch so sehen werden? Denn das Netz ist, wie Müller von Blumencron 2016 bereits in FAZ.net bemerkte, „…hässlich geworden in der jüngsten Zeit, erregt und feindselig.” Und es verbreitet vieles was nicht hält, was es verspricht und etliches, was nicht ist, wie es scheint. Und zuletzt „kommt ihm auch noch die Wahrheit abhanden. Das intelligenteste Kommunikationswerkzeug, das der Menschheit je zur Verfügung stand, wandelt sich zusehends in ein Instrument der Irritation, der Desinformation und der Propaganda.” (Müller von Blumencron, FAZ.net vom 05.02.2016)

Aber sind Wahrheit und Wahrhaftigkeit die einzigen Modi, in denen öffentliche Kommunikation stattfinden muss? Wie kann man heute unklares oder inexistentes, das sich möglicherweise erst in der Zukunft realisiert beschreiben, wenn Frau/Mann an eine Figur wie die der objektiven Berichterstattung des Journalismus gebunden wird? Wie kann man gesellschaftliche Entwicklungen oder Alternativen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft) medial reflektieren, ohne sich der Verleumdung, des Geheimnisverrats oder der Behauptung falscher Tatsachen schuldig zu machen? Brauchst es da nicht zwangsläufig noch andere Erzählformen in der Gesellschaft?

Fragen wie diese beschäftigen Menschen nicht erst seit 1999, als ich an der FSU Jena eine Ringvorlesung dazu mitorganisieren durfte, nicht erst seit 2016, als wir hier am IfK Münster ein erstes Masterseminar dazu durchgeführt haben und auch nicht erst seit dem Aufkommen des Internets – sie beschreiben ein Grundproblem gesellschaftlicher Kommunikation. Ziel des Seminars ist es, die Suche nach und Notwendigkeit bestimmter sozialer Kommunikationsmustern zu erkunden, die dann vor dem Hintergrund technischer und ökonomischer Möglichkeiten und politischer Gegebenheiten zur Ausbildung spezifischer gesellschaftlicher Kommunikationspraxen führten. Unser besonderes Interesse ist die Suche nach Analogien: Was waren der Twitterpost oder der Kommentar auf Instagramm oder Youtube im Römischen Reich? Was war der Spielfilm im Mittelalter? Und was oder wie wird die TV-Nachrichtensendung in der Zukunft sein?

Leistungsnachweis: Exposé (für ein Referatsthema), Referat, Projektskizze für einen (fiktiven) Forschungsantrag

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2023/24