In den letzten Jahren war eine Debatte innerhalb der politischen Linken zur Rolle des Staats vernehmbar: Akteure der Klimagerechtigkeits- und anderer sozialer Bewegungen bei der vergangenen Bundestagswahl versucht, über die Listen verschiedener Parteien in den Bundestag zu kommen. Erhofft haben sich viele eine linke Regierungsmehrheit mit der Möglichkeit zur Implementierung von progressivem Regierungshandeln. Von anderen Teilen der Bewegungslandschaft wurde ihnen daraufhin Reformismus und ein unzureichendes Verständnis von der Rolle des Staats im Kapitalismus vorgeworfen, auf den Staat könne man sich bei der Umsetzung von systemüberwindender Politik nicht verlassen.

 

Es gibt viele Analysen über den Staat im kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Gerade in der politischen Linken gehen diese aber bisweilen weit auseinander. Einige sehen im Staat einen Garanten des Allgemeinwohls und ein Instrument zur schrittweisen Überwindung des kapitalistischen Systems. Andere wiederum betrachten den Staat als solches als Instrument zur Klassenherrschaft und Unterdrückung der arbeitenden Klasse, wieder andere sehen den Staat als Spielplatz sozialer Kämpfe, je nach Hegemonie mit verschiedenen möglichen Ausgängen zur Rolle des Staats.

 

Dieses Seminar soll zur Klärung der verschiedenen Staatsverständnisse innerhalb der politischen Linken dienen. Dafür werden wir uns neben marxistischen Klassikern auch moderne Lektüre und hegemonietheoretische Ansätze anschauen und uns damit beschäftigen, wie linke Parteien in der Praxis zum Staat standen.

 

Erste theoretische Vorkenntnisse in marxistischer Theorie und Staatslehre sind dabei weniger erforderlich als Bereitschaft zum (und Freude am) Lesen und Diskutieren miteinander.


Semester: WiSe 2023/24