Das Britische Empire war die größte Kolonialmacht des 19. und 20. Jahrhunderts. In seiner Hochphase Anfang der 1920er Jahre kontrollierte es ein Viertel der Landmasse der Erde und herrschte ebenso über ein Viertel der Weltbevölkerung. Für die Einen erschien die sich ausbreitende britische Herrschaft als gütiges Projekt, die außereuropäische Welt zu „zivilisieren“. Anderen, insbesondere den kolonisierten Menschen, begegnete das Empire als brutale und rassistische Ausbeutungs- und Unterdrückungsmaschinerie. Noch heute ist sein Erbe spürbar: Englisch ist Weltsprache, britische Rechtstraditionen sind global verbreitet, die Ungleichheiten zwischen globalem Norden und globalem Süden wurden auch nach der Dekolonisierung nicht überwunden und entlang kolonial gezogener Grenzen flammen immer wieder Konflikte auf.

Aber was ist eigentlich ein Imperium und wie funktionierte das Britische Empire? Wie und warum breitete es sich aus, wie wurde es aufrechterhalten? Wie effizient schaffte es das Empire wirklich, seine Kolonien zu beherrschen? Wo waren ihm Grenzen gesetzt und wo begegneten ihm Widerstände? Welche kulturellen, ökonomischen und sozialen Folgen hatte der englische Imperialismus in Großbritannien und der Welt? Wie wichtig war das Empire für die britische Identität?

Das Proseminar nähert sich diesen Fragen in dem Zeitraum von 1815 bis 1919. Es beginnt also zu einem Zeitpunkt, an dem Großbritannien sich nach dem Verlust der meisten seiner nordamerikanischen Kolonien und dem Sieg über Napoleon neu erfinden musste. Von dort ausgehend durchmisst es mit dem 19. und frühen 20. Jahrhundert die Hochphase britischer Seemacht, die mit der Bekämpfung von Piraterie und Sklavenhandel einherging. In den Untersuchungszeitraum des Seminars fallen sodann die Umwandlung Indiens in eine britische Kolonie, die koloniale Durchdringung Asiens und Afrikas sowie imperiale Wettläufe mit Frankreich, Russland und Deutschland. Der Zeitraum mündet in einer der verheerendsten Folgen dieses Wettlaufs: Dem Ersten Weltkrieg.

Das Proseminar hat drei Ziele: Erstens werden den Studierenden die Grundzüge und wichtigsten Aspekte des Britischen Empires im genannten Zeitraum vermittelt, hierbei geht es nach einführenden Überblickssitzungen nicht streng chronologisch, sondern thematisch vor. Zweitens soll das Proseminar neuere Ansätze und Perspektiven der imperialen Geschichte vermitteln (New Imperial History). Drittens werden den Studierenden die Grundlagen geschichtswissenschaftlichen Arbeitens und Denkens vermittelt.

 

Studierende sollten vor ihrer Anmeldung beachten, dass ein substanzieller Anteil der Lektüre englischsprachig sein wird.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2023/24