Bei der Polizei wird einer Person nicht geglaubt, weil sie eine Person of Color ist. Eine andere Person erlebt sexuelle Belästigung, kann ihre Erfahrung jedoch nicht mitteilen, weil sie in einer Kultur lebt, in der es keinen kritischen Begriff der sexuellen Belästigung gibt. Diese Situationen führt Miranda Fricker als Beispiele für epistemische Ungerechtigkeit an.
Der Begriff wurde von der britischen Philosophin Miranda Fricker geprägt und wird dort angewendet, wo Gruppen vom Erwerb von Wissen und Deutungsmitteln ausgeschlossen werden oder ihnen abgesprochen wird, relevantes Wissen zu erlangen und Wahrnehmungen mitzuteilen. Dies führt dazu, dass Menschen eigene Erfahrungen nicht begreifen und deuten und infolgedessen nicht vermitteln können (hermeneutische Ungerechtigkeit), sie nicht gehört werden, weil sie aufgrund von Vorurteilen als unglaubwürdig oder sogar als nicht zuhörenswert gelten, oder sie darauf verzichten, Erfahrungen anzusprechen, weil sie davon ausgehen, dass ihnen aufgrund von Vorurteilen nicht geglaubt wird (testimoniale Ungerechtigkeit). Die damit verbundene Ausblendung von Erfahrungen und Perspektiven spielt etwa in der feministischen Philosophie, postkolonialen Theorien oder der Critical Philosophy of Race eine Rolle und verdeutlicht die Bedeutung von Wissen für die Aushandlung von Machtverhältnissen.
Das Seminar setzt sich mit dem Konzept der Epistemischen Ungerechtigkeit auseinander. Es folgt eine Anwendung auf konkrete Probleme, u.a. sexualisierte Gewalt, spiritueller Missbrauch und Diskriminierung von Menschen mit einer Behinderung oder von Migrant:innen.
- Lehrende/r: Monika Bobbert
- Lehrende/r: Julia van der Linde