Es gibt wohl kaum ein Ereignis in der ukrainischen Geschichte, das zu einem wichtigeren Erinnerungsort avanciert ist und neben dem russischen Angriffskrieg die gesamte Nation so zusammenschweißt wie die Erinnerung an die Große Hungersnot von 1932/33, den Holodomor. In dieser Übung werden wir uns mit allen Schattierungen des Themas befassen: zum einen mit den Ursachen und dem Verlauf der von Stalin herbeigeführten Hungerkatastrophe; zum zweiten mit den Vertuschungsbemühungen in der Sowjetunion und im kollektiven „Westen“ in den 1930er Jahren; zum dritten mit der Aufarbeitung in den 1980er Jahren, die einem Krimi gleicht; zum vierten mit der geschichtspolitischen Instrumentalisierung des Themas für das ukrainische nation-building seit der Unabhängigkeit der Ukraine; und zum fünften mit der Debatte in Deutschland, die sich rund um die Resolution vom November 2022 entzündete, als der Deutsche Bundestag den Holodomor als Genozid anerkannte. Auch die zeitgleich zum Holodomor einsetzenden Hungersnöte in Kasachstan, im Kuban- und im Wolgagebiet werden in vergleichender Perspektive miteinbezogen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2023/24
ePortfolio: No