Was heißt es, »qualitativ« einen »empirischen Zugang« zu »gesellschaftlichen« Phänomenen zu legen?

Die Antwort auf diese Frage fällt zumeist im Lichte der Unterscheidung zwischen »quantitativen« und »qualitativen« Methoden der Datenerhebung und -auswertung. Sie orientiert sich an der Vorstellung der (komplexen/unübersichtlichen/vielschichtigen) Beschaffenheit des Gegenstands der Soziologie (bzw. der Sozialwissenschaften), der die Analyse auf die Verwendung unterschiedlicher »Werkzeuge« festlegt. Wer eher an Makro-Erscheinungen (longue durée) interessiert sei, benötige einen Zugang zu »objektiven« (i.S. eines von Subjektivitäts-Eingefärbtheiten »bereinigten«) Strukturen der handlungsleitenden Ressourcen der Alltagsführung. Wer eher an der Durchleuchtung z.B. eines konkreten Konflikts in all seinen Facetten interessiert sei, brauche eine Methode, die »nah« genug an die »subjektiven« Perspektiven der beteiligten Instanzen (z.B. Personen) heranzuzoomen erlaube, ohne einer zu starken Psychologisierung Vorschub zu leisten.

Diese Vorstellung tendiert allerdings dazu, den systematischen Zusammenhang zwischen Gegenstand (und dessen Komplexität/Unübersichtlichkeit/Vielschichtigkeit) und Methode für den Zugang etwas zu stark abzudunkeln.

Abgedunkelt wird, dass gesellschaftliche Phänomene im Spannungsverhältnis zwischen Makro- und Mikro-Lagen des Handelns sich nicht einfach in der Dimension weiterer oder begrenzterer Reichweite verorten lassen. Es gibt auch systematische »Brüche«, Intransparenzen, regionale Eigentümlichkeiten, spezifische Kontext-Bedingungen, die konstitutiv für die Art(en) und Weise(n) des Strukturiertheit des Gegenstands mit ins analytische Bild gehören. Wodurch droht aber unterwegs verloren zu gehen, dass die Frage nach den Zugängen zum Gegenstand nur in Abhängigkeit zur (Zeichnung der) Beschaffenheit dieses Gegenstands gestellt werden kann?

Vor diesem Hintergrund nähert sich das Seminar problemorientiert einzelnen Positionen im Methodenspektrum der sog. qualitativen Sozialforschung.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2023