Zahlreiche Erzählungen und Romane Antonio Tabucchis (1943-2012) scheinen sich ‚traumanalog‘ zwischen Realität und Irrealität zu situieren, zugleich beziehen sie sich oftmals auf berühmte Gemälde: „Il gioco del rovescio“ (1981) enthält Allusionen auf Diego Velázquez‘ Gemälde Las Meninas (1656); „I volatili del Beato Angelico“ (1987) scheint von den vor 1450 entstandenen Fresken Fra Angelicos im Kloster San Marco in Florenz inspiriert zu sein; der Roman Requiem. Un’allucinazione (ital. 1992) ‚zitiert‘ Motive aus dem als Höhepunkt einer Phantastik avant la lettre geltenden Triptychon Die Versuchung des heiligen Antonius (ca. 1505/1510) von Hieronymus Bosch. Ziel des Seminars wird es sein, die Bezüge von Tabucchis Texten zu diesen Gemälden vor dem Hintergrund kunstwissenschaftlicher Erkenntnisse zu diskutieren. Es soll geklärt werden, welche Funktion solchen Verweisen auf Malerei und Bildmedien (im Falle von Notturno indiano handelt es sich um das Medium Fotografie) zukommt. Auch sollen die typischen Erzählverfahren der Postmoderne, wie mise en abyme-Spiegelungen, anamorphotische Verschiebungen, das (intertextuelle) Spiel mit Prä- und Paratexten, Strukturhomologien zu den Genres Reise- und Kriminalroman, phantastische Erzählverfahren etc., aufgespürt und vor allem im Hinblick auf die von Tabucchi behandelten existenziellen Themen – Sinnsuche, Erinnerung, Einsamkeit, Tod – erläutert werden.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2023