Warum leisten Frauen bis heute einen Großteil der Hausarbeit und wie hängt die Ausbeutung der unbezahlten Arbeit von Frauen mit der Klimakrise zusammen? Um diese Fragen zu beantworten werden wir im Seminar Geschlechterverhältnisse und Kapitalismus gemeinsam analysieren und feministische Interventionen in Kapitalismusanalysen betrachten; schließlich stellt u.a. Birgit Sauer heraus, dass „Geschlechterungleichheit [ein] konstitutives Moment der kapitalistischen Moderne“ ist (Sauer 2013: 118). Im ersten Teil des Seminars werden wir aus theoretischer Perspektive analysieren, welche Rolle der Kapitalismus für die binäre Geschlechterordnung, die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung sowie das „liberale Trennungsdispositiv“ (Sauer 2001: 184) zwischen Öffentlichkeit und Privatheit hat. Welche vergeschlechtlichen Ausschlüsse (re)produziert der Kapitalismus für Frauen und wie kann das kapitalistische System davon profitieren? Gemeinsam werden wir im zweiten Block erarbeiten, welche Auswirkungen aktuelle Transformationen des Kapitalismus auf die Geschlechterverhältnisse haben und uns in diesem Zusammenhang die spezifisch neoliberalen Geschlechterverhältnisse anschauen. Wie wirkt sich der krisenhafte neoliberale Kapitalismus auf die Geschlechterverhältnisse aus? Dabei werden wir uns u.a. der Krise der sozialen Reproduktion, Klimakrise, Gig-Kapitalismus und Antifeminismus zuwenden.

 

Ziel des Seminars ist es, eine Einführung in materialistisch feministische Theorie zu geben und gemeinsam den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Geschlechterverhältnissen zu analysieren. Ein Fokus liegt auf der Analyse von Machtverhältnissen im Kapitalismus sowie die Ein-/Ausschlüsse, die darüber produziert werden. Ein Anliegen des Seminars ist es, die Alltagswelt der Studierenden mit der Theorie ins Gespräch zu bringen. Schließlich ist es ein grundlegendes feministisches Ziel, auch das Private und Alltägliche zu politisieren und zu theoretisieren.

 

Die Teilnahmevoraussetzung für diesen Lektürekurs umfasst eine hohe Bereitschaft, umfangreiche und anspruchsvolle Literatur selbstständig zu lesen und zu erarbeiten. Es wird empfohlen, bereits die Einführungsvorlesung Politische Theorie (oder vergleichbar) abgeschlossen zu haben, und/oder Kenntnisse Feministischer Perspektiven mitzubringen.

 

Als Studienleistung ist vorgesehen, dass zu mindestens zwei Texten Leitfragen beantwortet und kurz vor dem Seminar präsentiert werden. Die Prüfungsleistung umfasst die Abgabe einer Hausarbeit zu einem abgesprochenen Seminarthema (inkl. Vorab-Einreichung eines Kurz-Exposés). Alles Weitere wird in der ersten Sitzung besprochen.

 

 

Einführende Literatur

Beier, Friederike/Yashodhara Haller, Lisa/Haneberg, Lea (Hrsg.) (2018): Materializing Feminism. Positionierungen zu Ökonomie, Staat und Identität. Münster: Unrast.

Federici, Silvia (2018): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. 5. Auflage. Wien: Mandelbaum.

Pühl, Katharina/Sauer, Birgit (Hrsg.) (2018): Kapitalismuskritische Gesellschaftsanalyse. Queerfeministische Positionen. Münster: Westfälisches Dampfboot.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2023