Im späten 18. Jahrhundert schien ein Ruck durch Europa zu gehen. Allerorten setzten Herrscher wie etwa Kaiser Joseph II. und Friedrich II. von Preußen auf umfassende politische und soziale Reformen im Geiste der Aufklärung, die Dunkel ins Licht einer überkommenen gesellschaftlichen Ordnung bringen sollten. Man erneuerte bspw. Rechtssysteme, was bis zur partiellen Abschaffung der Todesstrafe führen konnte, versuchte sich an Reformen zur Leistungssteigerung der Ökonomie und verfügte, dass Toleranz an die Stelle der Diskriminierung religiöser bzw. konfessioneller Minderheiten treten sollte. Die Initiatoren dieser Reformen wurden von den Zeitgenossen und der Historiographie als Vertreter einer «aufgeklärten» absoluten Monarchie gefeiert.

 

Im Proseminar wollen wir uns anhand ausgewählter zumeist mitteleuropäischer Beispiele einen Überblick über derartige Reformvorhaben und ihre Zielsetzungen verschaffen, dabei aber auch nach dem Verhältnis aufgeklärter Menschenliebe und der Stärkung machtstaatlicher Strukturen fragen. Ebenso wollen wir uns kritisch mit der Frage auseinandersetzen, in weit solche Reformen überhaupt erfolgreich sein konnten und warum und an wem sie gegebenenfalls auch scheiterten oder auch oft mit Absicht bei «Reförmchen» stehenblieben. Zugleich wird uns interessieren, ob es sich wirklich immer um Maßnahmen «von oben» handelte oder man lediglich schon bestehende informelle Verhältnisse zur Regel machte oder auch private Akteure mit gesellschaftspolitischer Agenda eigenen Initiative ergriffen. Erreichte die Reformagenda überhaupt den Alltag der einfachen Untertanen? Welche Rolle spielten Medien und Öffentlichkeiten für deren Propagierung und die damit einhergehende Selbstdarstellung von Reformpolitikern? Und welche Folgen hatten in diesem Kontext schließlich die Umwälzungen der Französischen Revolution?

 

Voraussetzung für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind regelmäßige Teilnahme, die Lektüre von über Learnweb zur Verfügung gestellten Texten, die Erarbeitung eines Referates, das Bestehen einer Abschlussklausur sowie die Anfertigung einer schriftlichen Hausarbeit.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2023