Anders als der Titel vermuten lässt, beschäftigt sich diese wissenschaftliche Übung keineswegs mit Kinderliteratur: Los niños tontos ist eine Sammlung von 21 Texten, deren kindliche Protagonist:innen einsame Außenseiterfiguren sind, die nicht selten sterben. Nicht immer lässt sich dabei eindeutig sagen, was ursächlich für ihren Tod ist: Die Welt der Phantasie der Kinder überschneidet sich mit der Perspektive der Erwachsenen, so dass beispielsweise ungeklärt bleibt, wie es möglich ist, dass ein nur mit Buntstiften gemaltes Feuer auf einer Wand ein Kind verbrennen kann.

Besonders an den Texten ist auch ihre Form: Es handelt sich um Mikroerzählungen, Texte also, die sogar noch kürzer als Kurzgeschichten sind. Techniken der Dichte und Verknappung sind hier maximal gesteigert. Für die wissenschaftliche Analyse ist dies gewissermaßen Fluch und Segen zugleich: Einerseits gibt es praktisch in jedem Wort etwas zu entdecken, und jede neue Entdeckung kann im Zusammenspiel mit anderen Elementen weitere Bedeutungsebenen entfalten. Andererseits braucht es Kreativität, gute Ideen und Methodenkenntnis, ohne die sich die Texte kaum erschließen lassen.

Wir werden uns in dieser Übung dieser Aufgabe stellen, uns dabei erzählanalytische Methoden aneignen und auch der Frage nachgehen, welches gesellschaftskritische Potenzial die microrrelatos von Ana Maria Matute haben könnten. Die Autorin hat den Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs als Elfjährige miterlebt. In der 50er Jahren, als Los niños tontos publiziert wurde, hatte sie mit der Zensurbehörde zu kämpfen.

Die Veranstaltung wird überwiegend in spanischer Sprache stattfinden. Teilnahmevoraussetzung sind die beiden bestandenen literaturwissenschaftlichen Proseminare des Aufbaumoduls, der Nachweis muss zur dritten Sitzung vorliegen.

Die Anmeldung erfolgt über HIS LSF. Sofern die Teilnahmevoraussetzungen erfüllt sind, haben Sie damit den Seminarplatz sicher, eine gesonderte Anmeldebestätigung wird nicht versendet.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2023