Im abendländischen Mittelalter setzte man sich intensiv mit Kräutern und Pflanzen, ihrer Zucht, ihrem Anbau und ihrer Verwendbarkeit als Nahrungs- sowie Heilmittel für Krankheiten auseinander. Die grundlegende Beschäftigung mit dem in antiken und frühmittelalterlichen Enzyklopädien übermittelten naturkundlichen Wissen verbindet sich dabei mit ganz praktischen Erwägungen: Mittelalterliche Klöster waren nicht nur Zentren der Bildung und Schriftproduktion, sondern betrieben und pflegten eigene, teils umfängliche Gärten, in denen z.B. auch Heilkräuter für die Behandlung Kranker angebaut wurden. Die Bewirtschaftung und Bepflanzung der Gärten war aber keineswegs experimentell, sondern planvoll und basierte auf umfänglichen Kenntnissen: Bereits aus der Karolingerzeit kennen wir z.B. den berühmten Entwurfsplan der Klosteranlage in St. Gallen oder die Landgüterverordnung Karls des Großen, in der er den Anbau bestimmter Pflanzen auf seinen Krongütern vorschrieb.

Das reiche lateinische Schrifttum, das aus der naturkundlichen und praktischen Beschäftigung mit Kräuter- und Pflanzenkunde hervorging, steht im Zentrum der Lehrveranstaltung. Konkret werden wir uns mit Walahfrid Strabos Lehrgedicht De cultura hortorum (9. Jh.), der an der Medizinschule Salerno entstandenen Arzneikunde De simplicibus medicinis (12. Jh.), den botanischen Büchern aus der Physica Hildegards von Bingen (12. Jh.) sowie der Pflanzenkunde De vegetabilibus (13. Jh.) des Albertus Magnus auseinandersetzen. Ein wichtiges Ziel ist die Vertiefung der Kenntnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur sprachlichen Erschließung der Texte. Da wir uns bei der Lektüre mit dem lateinischen Original auseinandersetzen werden, sind ausreichende Lateinkenntnisse für die Teilnahme unabdingbar.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2023