Wie verarbeitet die Literatur des Mittelalters den Kulturfaktor Schrift? Und welche Rolle spielt Schrift für Identitäts- und Figurenentwürfe im literarischen Erzählen?

Ziel dieses Blockseminars ist es, schriftsprachliche Kommunikation mit ihren spezifischen Eigenarten als Kulturtechnik in Abgrenzung von oralen Traditionen im historischen Zugriff fachwissenschaftlich zu erforschen sowie Schrift und Schriftlichkeit in verschiedenen medialen und kulturellen Kontexten zu verorten. Im Mittelalter ist schriftsprachliche Kompetenz – ganz anders als heute – die Ausnahme und Kennzeichen spezifischer gesellschaftlicher Gruppen. Kulturzeugnisse und Identitätskonzepte setzen noch wesentlich Mündlichkeit voraus. Neben der soziokulturellen Bedeutung von Schriftsprachlichkeit im Mittelalter sollen im Seminar auch die Themen von Gelehrten- und Laiendiskursen, von mündlichen und schriftlichen Kommunikationskulturen, die Praxis der Erstellung und Tradition schriftlicher Kulturzeugnisse, Forschungspositionen und Theorien zu schriftlicher Kommunikation sowie zur Medialität und Materialität von Schrift in mittelalterlicher Literatur eine Rolle spielen.

Einen wesentlichen Teil des Blockseminars soll die Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Schrift und Schriftlichkeit in historischen Erzähltexten bilden. Einer kulturhistorischen Einführung folgt die Auseinandersetzung mit Auszügen aus verschiedenen höfischen Werken des 12. und 13. Jahrhunderts. Alle herangezogenen mittelhochdeutschen Primärtexte – geplant ist unter anderem die Beschäftigung mit Hartmanns von Aue ‚Gregorius‘, mit Heinrichs von Veldeke ‚Eneasroman‘ und mit Wolframs von Eschenbach ‚Parzival‘ – liegen in Übersetzung vor.

Das Blockseminar wird von einem Learnweb-Kurs begleitet und integriert auch Elemente des Digitalen Selbststudiums.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2022/23
ePortfolio: No