Die Frage, wie Sprache und Sprechen mit anderen kognitiven Bereichen zusammenhängen, beschäftigt Linguistik, Philosophie und Psychologie schon seit Jahrhunderten. Sprachdeterministische Ansätze, wie von Sapir und Whorf vertreten, entbehren zwar einer empirischen Grundlage. Aber dass nicht nur das Denken die Sprache, sondern auch die Sprache das Denken auf vielfältige Weise beeinflusst, ist mittlerweile durch unterschiedlichste Studien (z.B. zu spezieller Lexik wie Sand- und Schneebezeichnungen, aber auch der Einteilung und Benennung des Farbspektrums) belegt.

Im Seminar verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über das Thema und die Studienlage insgesamt. Im Anschluss daran wird jedoch eine bestimmte grammatische Kategorie und ihr Einfluss auf die Wahrnehmung im Fokus stehen: Der Verbalaspekt. Über einen grammatischen Verbalaspekt verfügen sehr viele Sprachen, darunter das Englische, die romanischen und slavischen, aber auch semitischen und afroasiatischen Sprachen. Zahlreiche psycholinguistische Experimente, insbesondere anhand des englischen Aspekts, haben gezeigt, dass der imperfektive Aspekt, das progressive, mit einem mentalen „Eintauchen” in die beschriebene Situation verbunden ist. So können sich Versuchspersonen z.B. an Werkzeuge, die für eine bestimmte Handlung verwendet werden, besser erinnern, wenn die Handlung im progressive, als wenn sie in der simple form geschildert wurde. Wir werden eine Auswahl von Studien rund um dieses Phänomen lesen und unter inhaltlichen und methodischen Gesichtspunkten diskutieren. Schließlich wird es auch darum gehen, die initiale Frage erneut in den Blick zu nehmen und den Beitrag, den aspektologischen Studien dazu leisten können, einzuordnen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2022/23