Die Phantastik erscheint in den südslavischen Literaturen spät, wenn man sie im breiteren europäischen Kontext betrachtet. Die Romantik, die als Geburtsort der Phantastik gelten soll, ist in den südslavischen Ländern durch eine Fokussierung auf die Prozesse der Nationalbefreiung gekennzeichnet. Erst mit dem Modernismus fand die Phantastik den Eingang in der Literatur, die sich ab dieser Epoche für fähig hielt, auch auf solche Themen einzugehen. Die ersten Autoren phantastischer Texte (in Serbien Milovan Glisic, in Kroatien Antun Gustav Matos) haben sich auf die Bearbeitung von Motiven aus der Folklore konzentriert. Spätere Autoren, vor allem Ksaver Sandor Gjalski, konnten an die europäische Tradition anschließen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind Spuren der Phantastik in den Texten der Spätmodernisten (Vladan Desnica, Ranko Marinkovic) zu finden, während in den Siebziger Jahren in Kroatien eine ganze Generation von Autoren durch den Begriff „Die Phantastiker” determiniert wurde. Dazu kommen einzelne Geschichten von Danilo Kis aus der Sammlung Enzyklopädie der Toten, sowie der Roman Das Chasartische Wörterbuch von Milorad Pavic. Wir werden die einzelnen Texte gemeinsam lesen und kommentieren. Die Lektüre wird von theoretischen Texten (R. Lachmann, T. Todorov) begleitet.  

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2022/23