Staatlichen Repressionen und Verboten ausgesetzt suchten die oppositionellen Gruppen, die sich Ende der 1970er und v. a. in den 1980er Jahren im staatssozialistischen Polen formierten, nach unterschiedlichen Wegen, um ihrem Protest an den bestehenden Verhältnissen Ausdruck zu verleihen. Abseits des offiziellen Publikations- und Zensursystems zirkulierten im Untergrund etwa Zeitschriften, Bücher sowie Flugblätter, die von Oppositionellen herausgegeben wurden und Kritik an Staat und Partei übten oder Tabus der Propaganda und Geschichtspolitik thematisierten. Auch Briefmarken fanden einen enormen Absatz, obwohl sie zur Verwendung in der staatlichen Post selbstverständlich nicht geeignet waren. Aber was zeigten diese Untergrundbriefmarken? Wie entstanden sie, wie verbreiteten sie sich und warum waren sie so erfolgreich?

In der Übung werden Briefmarken aus dem polnischen Untergrund exemplarisch als Quellen zur Oppositionsbewegung in der Volksrepublik Polen und zum ‚unabhängigen‘ Publikationswesen untersucht. Neben der Einordnung in den politischen und gesellschaftlichen Kontext steht v. a. die ‚Entschlüsselung‘ und Interpretation der Briefmarken selbst im Vordergrund. So wird auch die Anwendung der geschichtswissenschaftlichen Quellenkritik auf visuelle Quellen eingeübt und hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen reflektiert.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2022/23