„Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält“, das ist die heißersehnte Absicht von Goethes Faust. Leider verschreibt er sich dazu der Magie, mit durchaus lebensgefährlichen Konsequenzen. – Zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält, darum geht es auch der philosophischen Disziplin namens Metaphysik. Anders als die Einzelwissenschaften, die einen Ausschnitt aus der Welt aus einer bestimmten Perspektive untersuchen, möchte die Metaphysik das Ganze der Wirklichkeit in den Blick nehmen. Metaphysik ist klassischerweise zuerst Ontologie, also Lehre von dem, was ist, vom „Sein“ überhaupt, sowie von dem, was einzelnes „Seiendes“ ausmacht. Ebenso ist damit klassischerweise die Frage verbunden, ob es ein höchstes und unendliches Seiendes gibt – „Gott“ genannt –, das Ursache und Grund der endlichen Seienden ist. So ist es z.B. bei Aristoteles und Thomas von Aquin.

An dieser Konzeption von Metaphysik gab und gibt es allerdings auch viel Kritik. Wie sollte es für uns Menschen möglich sein, eine solche übergeordnete Perspektive einzunehmen? Reichen die Einzelwissenschaften nicht aus, um die Welt vollständig zu beschreiben? Ist Metaphysik vielleicht sogar nichts anderes als ein Machtinstrument, um anderen Menschen ein bestimmtes Weltbild vorzuschreiben? Diese Vorlesung diskutiert beide Seiten: die Metaphysik mit den klassischen Fragen der Ontologie ebenso wie die Kritik daran, um zu einem ausgewogenen Urteil zu gelangen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2022/23