1. Inhaltliche Schwerpunkte


Man kann die politische Realität in islamischen Ländern heute nicht verstehen, ohne die Quellen
zu kennen, aus denen sie st ammt. Mit anderen Worten, ohne die Quellen einer so alten Tradition
sorgfältig zu betrachten. Politische und soziale Bewegungen innerhalb des heutigen Islams
beruhen zumindest teilweise auf früheren Ideen und Denkern; Menschen, deren Ideen auf
historischen Präzedenzfällen und früheren Modellen zum Verständnis des sozialen und politischen
Lebens beruhen bzw. beruhten.


Obwohl der Hauptteil des Korantextes metaphysische Ansätze umfasst, hat sich daraus eine ganze
Konzeptualisierung von Macht und Machtausübung abgeleitet. Denker mit dem, was wir heute die
Tradition des islamischen politischen Denkens nennen könnten, haben sich also mit der
Untersuchung der Machtausübung beschäftigt, damit, wer sie ausüben sollte und wie viel Macht
die Befehlshaber haben sollten. Religiöse Ideen, die aus religiösen Schriften stammten und
versuchten, die Weltordnung zu erklären, fanden sich oft ergänzt und/oder kontrastiert mit denen
klassischer griechischer Denker, die einigen der islamischen herrschenden und intellektuellen
Eliten bekannt waren. So geht es im islamischen politischen Denken um Gerechtigkeit und Macht
in den Beziehungen zwischen Menschen, insbesondere zwischen den Machthabern und den von
ihnen Beherrschten, und darum, wie die gerechte Verteilung der Güter in der Gesellschaft erreicht
werden sollte. Es fragt auch (ganz ähnlich wie die westliche Tradition politischer Ideen) danach,
warum Staaten existieren und was sie zu erreichen versuchen sollten.
Der Zweck dieses Kurses ist es also, den bereits bekannten westlichen Kanon politischer Ideen
mit der politischen normativen Auffassung zu versehen, die einen großen Teil der islamischen
Welt über Jahrhunderte beherrschte. Interessanterweise beeinflusste die arabische Expansion, die
kurz nach Mohameds Tod folgte, einen große n Teil Europas in mehrfacher Hinsicht. Ebenso
wurde der europäische Einfluss auf die arabische Welt und ihr politisches Verständnis nach dem
XIX. Jahrhundert eine Wiederbelebung vieler dieser islamischen politischen Ideen, von denen viele mit
anderen von westlichen Denkern verflochten wurden, um eine Anpassung an die aktuellen
Umstände zu erzwingen. Traditionelle Konzepte, die unter religiösem Einfluss geprägt wurden,
wie z. B. der Dschihad, wurden transformiert, um neuen politischen Zwecken zu gehorchen und
Legitimität zu suchen, indem sie bei früheren politischen Autoren verankert wurden.

 


2. Organisatorisches


Der Kurs ist als Lektürekurs mit Gruppendiskussionen konzipiert und eignet sich sehr zum
Gebrauch von Multimedia-Präsentationen (Power Points, Filme etc.). Es wird empfohlen, sich
während der Sitzungen Notizen zu machen. Sollten Studierende eine Sitzung verpassen, ist
der behandelte Stoff in Eigenverantwortung nachzuholen. Hausarbeiten und Prüfungsthemen
basieren sowohl auf dem Inhalt der Referate als auch der Pflichtlektüre. Bitte berücksichtigen
Sie, dass in dem Kurs viel gelesen und diskutiert wird.

 


3. Basisliteratur


Akbarzadeh, S. (2012) Routledge Handbook of Political Islam. Taylor and Francis, London
Corbin, H. (1993) History of Islamic Philosophy. Kegan Paul International, London
Crone, P. (2005) Medieval Islamic Political Thought. Edinburgh Univ. Press
Watt, M. (1968) Islamic Political Thought. Edinburgh University Press
Black, A. (2011) History of Islamic Political Thought. Edinburgh University Press

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2022/23