In der Weimarer Republik passiert aus Sicht der Gendergeschichte einiges: Frauen werden im größeren Umfang erwerbstätig, sie bekommen das Wahlrecht, es gibt zunehmend Hochschulabsolventinnen. Exzentrische Theorien der Geschlechterverschiedenheit hallen nach oder werden wiederentdeckt. Zugleich werden neue Geschlechtsideale und Modelle der Geschlechterbeziehung entworfen und ausprobiert (z. B. die „Neue Frau“, die Kameradschaftsehe). Obwohl sich die Diskussionen überwiegend um Frauen drehen, sehen sich auch Männer in ihrem Selbstverständnis herausgefordert.

In dem Seminar werden ausgewählte Texte (Erzählungen, Feuilletons, Novellen) gelesen und unter dem Aspekt der kulturellen Programmierung von Geschlechtsrollen analysiert. Wir befassen uns z. B. mit diesen Fragen: Welche neuen Lebensentwürfe werden in der Literatur thematisiert, welche Menschentypisierungen kommen in den Texten vor und wie wird ihre Bewertung vorgenommen? Welche Unterschiede gibt es in der Zeichnung männlicher und weiblicher Figuren? Welche geschlechtlichen Identitäten repräsentieren mittels ihrer Texte die Autoren und Autorinnen?

Im ersten Teil des Seminars (14.–15.10.2022) werden gemeinsam Konzepte und Verfahren der gendersensiblen Literaturwissenschaft erschlossen und Texte exemplarisch untersucht.

Für den zweiten Teil (2.-.3.12.2022) werden Studierende in Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe verantwortet die Präsentation eines Textes und das Leiten der Diskussion zu dem jeweiligen Text.

 

Literatur:

Für den ersten Block (14. und 15.10.2022):

Feuilletons und Reportagen von Vicki Baum, Erika Mann, Gina Kaus, Gabriele Tergit und Erich Kästner. 

Auszüge aus folgenden Romanen:

-        Joseph Roth: Die Flucht ohne Ende: ein Bericht (1927)

-        Erich Kästner: Fabian. Die Geschichte eines Moralisten (1931)

-        Irmgard Keun: Gilgi, eine von uns (1931)

Anna Seghers: Erzählungen Marie geht in die Versammlung (1932) und Austellen eines Maschinengewehrs im Wohnzimmer der Frau Kamptschik (1934)

Franz Kafka: Eine kleine Frau (1924)

Für den zweiten Block (2. und 3.12.2022)

Robert Musil: Tonka (1924)

Alfred Döblin: Die beiden Freundinnen und ihr Giftmord (1924)

Arthur Schnitzler: Spiel im Morgengrauen (1926–1927)

Mela Hartwig: Aufzeichnungen einer Hässlichen (1928)

Marieluise Fleißer: Erzählungen Die List (1926), Kameraden (1926) und Stunde der Magd (1929)

Siehe die Datei "Lektüreliste". 

 

Bemerkung:

Die Lehrveranstaltung findet als Blockseminar statt.

Die erste Sitzung (10.10.2022, 18:15-19:45) findet online statt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2022/23