Glaubt man dem Sozialphilosophen Axel Honneth, dann ist Bildung heute „ein vernachlässigtes Thema der politischen Philosophie.” Schon ein flüchtiger Blick in die Ideengeschichte offenbart, dass diese Vernachlässigung jedoch eine Erscheinung jüngeren Datums ist. Für Rousseau oder Kant beispielsweise waren Erziehung- und Bildungsfragen noch integrale Bestandteile ihrer Demokratietheorien. In seinem pädagogischen Hauptwerkt Émile oder Über die Erziehung empfiehlt Rousseau gar Platons Staat in erster Linie als Bildungstheorie zu lesen: „Das ist kein politisches Werk, wie die Leute behaupten, die die Bücher nur nach dem Titel beurteilen: Es ist die schönste Abhandlung über die Erziehung, die jemals geschrieben wurde.”

 

Anders als es in der zeitgenössischen Debatte der Fall zu sein scheint, haben Bildungsfragen in der Geschichte der politischen Philosophie also eine zentrale Rolle gespielt. Dieser Geschichte will das Seminar nachspüren. Dabei geht es ausdrücklich nicht um eine tiefergehende Auseinandersetzung mit erziehungswissenschaftlichen Forschungsansätzen, sondern um die Frage welche Rolle die Themen Erziehung oder Bildung in der Geschichte des politischen Denkens gespielt haben. Hierfür lesen wir ausgewählte Klassiker des Teilbereichs – von Platon, Aristoteles, über Augustinus, Montesquieu, Rousseau und Kant bis hin zu Dewey und Spivak – jeweils mit Blick auf ihre bildungstheoretischen Ideen.

 

 

 

Zur Einführung empfohlen:

Honneth, Axel (2020): „Erziehung und demokratische Öffentlichkeit. Ein vernachlässigtes Thema der politischen Philosophie”, in: Die Armut unsere Freiheit. Aufsätze 2012-2019. Suhrkamp Verlag: Berlin, S. 187-207.

Rieger-Ladich (2020): Bildungstheorien zur Einführung. Junius Verlag: Hamburg.

 

 

Anforderungen für die Teilnahmebestätigung:

 

1) Regelmäßige Teilnahme:

  • Die gründliche Lektüre der Texte ist für eine gute Seminar-Diskussion unabdingbar! Die jeweils unter „Textgrundlage” aufgeführten Texte sind obligatorisch und bilden die Basis für die Diskussion im Seminar. Die unter „Hintergrund” aufgeführten Texte empfehle ich darüber hinaus zum freiwilligen Selbststudium.
  • Alle obligatorischen Texte werden im Learnweb zu Verfügung gestellt.

 

2) Anfertigung von zwei „Memos”

  • In diesem Seminar werden keine Referate gehalten. Stattdessen legen alle Teilnehmer*innen im Verlauf des Seminars zwei „Memos” vor.
  • Ein Memo bezieht sich jeweils auf den zum jeweiligen Termin im Seminar diskutierten Text. Auf ca. 3-4 Seiten (Times New Roman, Schriftgröße 12, Zeilenabstand 1,5) soll sich mit der Seminarlektüre auseinandergesetzt werden.
  • Wie Sie die Textgrundlage genau erschließen, bleibt Ihnen überlassen: Sie können entweder die Hauptthesen des Textes skizzieren oder einen einzelnen Aspekt herauszugreifen und vertiefen. Auch können kritische (Nach-)Fragen an den Text gerichtet werden – hierbei kann es sich ausdrücklich auch um Verständnisfragen handeln. Außerdem schließen diese Vorschläge einander nicht aus, idealerweise legen Sie ‚Mischformen’ vor (z.B. könnten zwei Seiten lang die Hauptthesen des Textes referiert und dann auf einer Seite kritische Nachfragen an diesen gerichtet werden o.ä.).
  • Wichtig ist, dass es sich um einen Fließtext handelt und nicht um Stichpunkte. Die Memos sind auch als Schreibübung gedacht.
  • Die Memos müssen spätestens am Abend vor dem jeweiligen Sitzungs-Termin per E-Mail an mich geschickt werden, damit ich sie vor der Sitzung lesen kann.
  • Die Studierenden, die Memos zu einer Sitzung geschrieben haben, sind in der entsprechenden Sitzung zugleich „Expert*innen”. D.h. sie sollten verstärkt in die Diskussion eingreifen und in der Lage sein die Thesen ihres Memos oder darin aufgeworfene Fragen ggf. spontan vorzustellen.
  • Wann und zu welcher Sitzung die Memos vorgelegt werden, steht Ihnen frei. Denken Sie bitte daran, dass Verpflichtungen und Abgabetermine zum Semesterende hin in der Regel eher mehr, denn weniger werden.

 

 

Anforderungen für die Prüfungsleistung:

  • 1) + 2) + Hausarbeit nach Maßgabe der Prüfungsordnung

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022