Platons Kratylos ist einer der Gründungstexte der Sprachphilosophie. Mit seinen Gesprächspartnern Kratylos und Hermogenes diskutiert Sokrates hier die Frage nach der „Richtigkeit der Namen“. Beruhen die Ausdrücke, mit denen wir uns auf bestimmte Gegenstände beziehen, auf bloßer Konvention? Oder gibt es eine „natürliche Richtigkeit“ der Namen, eine dem jeweiligen Gegenstand angemessene und deshalb richtige Benennung? Auch wenn die erste, konventionalistische Annahme ungleich plausibler erscheint, bietet der Kratylos in erster Linie Argumente für die zweite, naturalistische Annahme. Diese Argumente, die auf die Etymologie und die lautliche Gestalt der Wörter verweisen, sind aber schwer zu verstehen und nicht immer einleuchtend. Dementsprechend umstritten ist die genaue Deutung des Dialogs. Unumstritten ist aber, dass Platons Kratylos über Themen spricht, die die Sprachphilosophie nach wie vor beschäftigen, wie etwa das Verhältnis zwischen Sprache und Welt, Sprache als Mittel der Verständigung, Sprechen als Handeln, Sprache und Erkenntnis, sprachliche und nicht-sprachliche Kommunikation usw.

In unserem Seminar werden wir den Kratylos gründlich lesen und diskutieren. Neben dem kritischen Nachvollzug der Argumentation wird unser Schwerpunkt zum einen auf der Frage liegen, für welche Position der Dialog letztlich argumentiert (Konventionalimus, Naturalismus oder ein Kompromiss?). Zum anderen werden wir den Kratylos als eine Art Einführung in Grundfragen der Sprachphilosophie lesen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022