Der satirische Dialog Julius exclusus e coelis, der sehr häufig Erasmus von Rotterdam zugeschrieben wird, ist eines der beeindruckendsten Zeugnisse von Kirchen-, Klerus- und Papstkritik des frühen 16. Jh. überhaupt. Der Text wurde wohl 1513 verfasst, also nur wenige Jahre vor den Initialereignissen der zahlreichen politischen und religiösen Veränderungsprozesse, die wir als Reformation bezeichnen. Die Szenerie des Dialogs bildet die vom Heiligen Petrus bewachte Himmelspforte, durch die der 1513 verstorbene Papst Julius II. nach seinem Tod in das Himmelreich eingehen will. Nach einem längeren Gespräch über Stellung und Taten des Papstes entschließt sich Petrus schließlich, Julius abzuweisen. Im Verlauf des Dialogs werden zahlreiche zeitgenössisch verhandelte Kritikpunkte an Kirche und Papsttum thematisiert, die auch später in den reformatorischen Debatten von zentraler Bedeutung sind.

In der Lehrveranstaltung wollen wir größere, zusammenhängende Passagen des Dialogs im Lateinischen lesen, übersetzen und in der zeitgenössischen Debatte verorten. Die Lektüre bietet zugleich Einblicke in die wichtige Textform des Dialogs, aber auch die Möglichkeit, den Begriff der „Satire“ im Kontext der Reformation zu thematisieren. Lateinische Texte werden in der Veranstaltung gestellt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022