Nicht erst seit eine in Deutschland als „Querdenker” bekannte Aktivist*innen-Szene mit mehr als fragwürdigen Ansichten zur Corona-Pandemie und zum Sinn von Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung öffentliche Aufmerksamkeit gewonnen hat, sind Verschwörungstheorien in aller Munde. Im Zeitalter der sozialen Medien, die ihre massenhafte und unkontrollierte Verbreitung oft vor dem Hintergrund populistischer politischer Bewegungen ermöglichen, scheint verschwörungstheoretisches Denken generell eine bedenkliche Hochkonjunktur zu haben.

Verschwörungstheorien sind allerdings kein modernes Massen-Phänomen. Auch in der Vormoderne bzw. der Frühen Neuzeit sind sie allgegenwärtig. Einige moderne Verschwörungs-Narrative und ihr „Personal” haben hier ihren Ursprung: man denke etwa an die unterstellten Machenschaften von Jesuiten oder den berüchtigten Illuminaten, sowie an im Mittelalter entstandene und in der Frühen Neuzeit weiter wirksame anti-jüdische Verschwörungs-Mythen.

Vor allem anhand von Quellentexten soll die Übung einen Überblick über verschiedene Verschwörungstheorien in der Frühen Neuzeit, die Hintergründe ihrer Entstehung sowie deren Wirkungen geben. Dabei wird uns besonders interessieren, wie Zeitgenossen Verschwörungen wahrnahmen, wie Verschwörungsmythen entstanden und welche sozialen und religiösen Weltbilder und kollektiven Ängste sie reflektierten. Wie wurden sie etwa von den regierenden Obrigkeiten wahrgenommen? Welche Rolle spielte das Mediensystem, das sich in der Frühen Neuzeit besonders nachhaltig wandelte, bei ihrer Verbreitung? Mit welchen Mitteln versuchte man gegebenenfalls ihre Verbreitung und den Glauben an sie zu unterbinden? Ebenso stellen sich hier Fragen nach dem Aufkommen neuerer Typen von Verschwörungs-Erzählungen, etwa die unterstellte Verschwörung der Regierung gegen die Bevölkerung während der Französischen Revolution, sowie umgekehrt nach der erstaunlichen Kontinuität mancher vor- und frühmoderner Verschwörungstheorien bis in die Gegenwart hinein.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme sind regelmäßige Anwesenheit und Mitarbeit, eine Kurzpräsentation sowie die Bereitschaft zur regelmäßigen Lektüre von (auch englischsprachigen) Texten. Die Texte werden per Learnweb zur Verfügung gestellt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022