Der „Kudrun“ war im Mittelalter kein großer Erfolg beschieden. Überliefert ist der Text im Verbund mit anderen Epen einzig nur im Ambraser Heldenbuch vom Beginn des 16. Jahrhunderts, doch ist von einer ersten schriftlichen Abfassung in der Mitte des 13. Jahrhunderts auszugehen. Erzählt wird die maßgeblich von Liebesfehden geprägte Geschichte einer Familie über mehrere Generationen hinweg, beginnend mit der Kindheit des aus der germanischen Heldensage bekannten Hagen bis zum großen Finale um dessen Enkelin Kudrun, die nach langer Zeit des Krieges einen allumfassenden Frieden zwischen den verfeindeten Völkern und Familien stiften kann. In der Forschung wurde das Epos daher als Antwort auch auf das vom Untergangsgeschehen bestimmte „Nibelungenlied“ gelesen, insofern es mit Kudrun eine ganz ins Positive gewendete Protagonistin hat, die eine Alternative bietet zur alles zerstörenden Rächerin Kriemhild. So steht die Erzählung von Kudrun denn auch in mehrfacher Hinsicht in einer Tradition heldenepischen Erzählens, um über diese deutlich doch hinauszuweisen: so mit Blick etwa auf Aporien heroischer Exorbitanz oder die Dekonstruktion narrativer Schemata wie dem der gefährlichen Brautwerbung.
Im Seminar wird das Epos vor diesem Hintergrund heldenepischen Erzählens zu untersuchen sein, um gleichermaßen Traditionslinien wie innovativen Ansätzen im Erzählen des 13. Jahrhunderts nachzugehen. Voraussetzung für die Teilnahme am Seminar ist die Bereitschaft, sich regelmäßig und aktiv am Seminar in gemeinsamer Arbeit in Gruppen zu beteiligen, sowie die Lektüre des Textes bis Semesterbeginn!
Textgrundlage (zur Anschaffung empfohlen): Kudrun. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Uta Störmer-Caysa. Stuttgart: Reclam 2010 (RUB 18639). ISBN: 978-3-15-018639-8
- Lehrende/r: Ulrich Hoffmann