In seinem letzten Buch argumentierte Ronald Inglehart (2021), dass die meisten Religionen Werte der kollektiven Reproduktion vertreten und dass diese Werte den Selbstverwirklichungswerten, die in einer Reihe europäischer Länder (darunter Deutschland) hoch geschätzt werden, entgegenstehen. Inglehart geht davon aus, dass heutzutage erstmals nicht mehr nur Religion die Werteinstellungen von Individuen prägt, sondern dass diese Werteinstellungen und hier insbesondere die Befürwortung der Emanzipation der Frau und geschlechtlicher Minderheiten auch in entgegengesetzter Kausalität den Grad der religiösen Bindung von Individuen beeinflussen können.

Im Lehrforschungsprojekt Religion und Geschlecht erhalten die Studierenden die Möglichkeit, ihr im bisherigen Studium erworbenes Wissen zu Theorien und empirischen Befunden der Religions- und Geschlechtersoziologie auszuweiten und praktisch anzuwenden. Im ersten Teil des Kurses werden zentrale religionssoziologische Theorien und empirische Befunde zum Thema Religion und Geschlecht sowie Konzepte aus der Geschlechterforschung eingeführt. Alleine oder zu zweit formulieren die Studierenden dann eine theoriegeleitete Forschungsfrage, die mit Hilfe eines Mixed Methods-Ansatzes bearbeitet wird. Hierzu werden Sekundäranalysen mit quantitativen Umfragedaten (z.B. SOEP-GeSMin-Befragung von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten) durchgeführt und durch qualitative Daten (z.B. Leitfadeninterviews) ergänzt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022