Die klassisch soziologische Betrachtung des Rechts geht von einer engen Verbindung zwischen Rechts-analyse und Gesellschaftstheorie aus (Gebhard 1993). Das ist kein Wunder, denn für einen wesentlichen Teil der Klassik ist „Gesellschaft” idealtypischerweise normativ integriert. Überall dort, wo die Grundlage für die Rechtseinheit die Kongruenz von Rechtsautoren und Rechtsadressa-ten sein soll, also das demokratietheoretische „Betroffenheitsprinzip” gelten soll, bleibt die Funktionszu-schreibung des Rechts typischerweise am Paradigma der politischen Einheit der Gesellschaft bzw. am Modell des demokratischen Nationalstaates ausgerichtet.

Die Debatte um den neuen, globalen Rechtspluralismus dagegen bricht diesen Zusammenhang auf. Das Seminar soll auf der Basis einer Auseinanderstezung mit soziologischen Klassikern zum Recht (Durkheim, Weber, Parsons, Luhmann, Habermas) in aktuellere und interdisziplinär geführte Diskussionen um den um-strittenen Begriff des globalen Rechtspluralismus einführen.

Das Seminar gliedert sich in thematische Blöcke:

1. Was ist Rechtssoziologie? Der soziologische Blick auf das Recht

2. Theorien der normativen Integration (der Gesellschaft durch das Recht) - Klassiker und neuere Ansätze

3. Differenzierungstheorien (die Luhman'sche Systemtheorie)

4. Zum Verhältnis von Recht und Moral: die spezifisch rechtliche Normativität (Habermas)

5. Exkurse in die Rechtsgeschichte: "Recht und gesellschaftliche Differenzierung. Fünf Studien zur Genese des Rechts und seiner Wissenschaft" (Nils Jansen, 2019)

6. Empirische Forschungsfelder der Rechtssoziologie; der globale Rechtspluralismus

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022