An der Theorie sozialer Systeme wird man heute nicht nur in der Soziologie, sondern unter anderem auch in der Philosophie, der Pädagogik und nicht zuletzt in der Rechtswissenschaft nicht vorbei kommen können.

Das 1984 erschienene Monumentalwerk Niklas Luhmanns leitet die ,autopoietische Wende' in der Soziologie ein. Mit diesem Paradigmenwechsel von einer 'funktionalistischen Gesellschaftstheorie' hin zu einer 'Theorie selbstreferentieller Systeme' ist das Theorieprogramm bezeichnet, eine Gesellschaftstheorie mit Universalitätsanspruch vorzulegen. Die Theorie sozialer Systeme nimmt für sich in Anspruch, an ihren Gegenständen auch etwas über sich selbst zu lernen: Sie kommt selbst als ihr eigener Gegenstand vor.

Die in diesem Buch benutzten Begriffe (Sinn, Zeit, Ereignis, Element, Relation, Komplexität, Kontingenz, System, Umwelt, Erwartung, Struktur, etc.) sind aufeinander bezogen und sie schärfen sich aneinander. Dadurch hat die Theorie sozialer Systeme einen bis heute unüblichen Komplexitätsgewinn erreicht. Herkömmliche Theoriebezeichnungen wie Handlungstheorie, Strukturalismus sollen in dieser Gemengelage untergehen.

Was also kann die soziologische Theoriebildung aus diesem Werk lernen: Gibt es unverzichtbare Theoriestandards (und welche?)? Warum ist der Grad der Komplikation und die „Zumutung“ der Abstraktion eine erkenntnistheoretische Notwendigkeit? Hat diese Theorie nicht auch ihre Einseitigkeiten und „blinden Flecken“?

Wir wollen uns in gemeinsamer Lektüre an die zentralen Begriffe, die Theoriekonzeption und Beschrei-bungssprache der Systemtheorie herantasten. Dafür sind keine besonderen Vorkenntnisse der Systemtheorie nötig.

Allerdings stellt der Kurs auch eine Einführung in Probleme der soziologischen Theorie anhand eines der aktuell wichtigsten Ansätze dar: Ein Interesse an soziologischer Theorie ist daher auf jeden Fall hilfreich!

Die Anschaffung des Buches wird empfohlen, ist aber keine notwendige Voraussetzung für die Teilnahme.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022