Im Zentrum der afrobrasilianischen Religion Umbanda stehen die Verkörperungen von spirituellen Entitäten in personalen Trancemedien, die an die brasilianische Geschichte erinnern und in religiösen Zusammenkünften mit Gäst*innen sprechen. Durch die Präsenz von Umbanda-Gemeinschaften seit den späten 1990er Jahren im deutschsprachigen Europa stellt sich die Frage, wie die Zugehörigkeit zu einer diasporischen Religion und die religiöse Praxis der Trance als Einverleibung von Bewusstseinsstrukturen zur Reflexion ihrer Wissensproduktion und darüber hinaus zu einer Dekolonialisierung des Denkens beitragen kann. Diesen und anderen Überlegungen wird in der Betrachtung der materiellen Kultur und der Wahrnehmungsformen in diesem Seminar nachgegangen. Entgegen dem Vorwurf einer Kolonialisierung des Inneren im gesellschaftlichen Diskurs, also einer Ausweitung der territorialen Besetzungen der Kolonialzeit auf die Imagination, wird die These aufgestellt, dass das kollektive Trauma der europäischen Kolonialherrschaft mithilfe der praktizierten Trance in der Umbanda ins Bewusstsein gerufen und erinnert wird.

In Blockseminaren wird der Fokus auf dem Glaubenssystem der Umbanda, ihrem Menschenbild, ihrer Praxis und der Sakralen Globalisierung am Beispiel der zeitgenössischen Umbanda im deutschsprachigen Europa gerichtet sein. Eine zweitägige Exkursion im Mai 2022 wird uns an einem weiteren Wochenende zu einer Gira (einem Fest) für die Cigana Santa Sara Kali in das Umbanda-Haus St. Michael der spirituellen Leiterin, der Mãe-de-Santo, Gabriele Hilgers nach Köln bringen.


Semester: SoSe 2022