Die Dekolonisierung, der Zerfall der europäischen Kolonialimperien und die Entlassung ihrer ehemaligen Kolonien in die Unabhängigkeit, war einer der wichtigsten globalen Prozesse des 20. Jahrhunderts. Durch sie entstand die heutige, auf Nationalstaaten basierende internationale Ordnung. In ihrem Verlauf wurden Formen imperialer Herrschaft, die als Beherrschung von Gemeinschaften durch Fremde wahrgenommen werden, nachhaltig moralisch delegitimiert. Auf der anderen Seite wirken koloniale Strukturen noch bis heute nach, sei es durch das Ungleichgewicht zwischen globalem Süden und globalem Norden, rassistische Wahrnehmungsweisen oder kolonial geprägte Wissensbestände. Debatten über die koloniale Vergangenheit europäischer Gesellschaften und die daraus erwachsende Verantwortung werden in Feuilleton und Politik mit großer Vehemenz geführt.
Aber was sind eigentlich Imperien und was Kolonien? Wie unterscheiden sich Formen imperialer Herrschaft und kolonialer Beherrschung untereinander sowie vom klassischen Fall des modernen Nationalstaats? Wie, wann und warum sind die europäischen Kolonialimperien an ihr Ende gekommen? Wie prägte und prägt der Zerfall der Imperien die Weltordnung? Und wie veränderte der Verlust kolonialer Besitzungen die europäischen Gesellschaften?
Das Proseminar geht diesen und weiteren Fragen anhand der Beispiele Großbritanniens und Frankreichs nach und gibt dabei eine methodische Einführung in das Studium der Neuesten und Zeitgeschichte.
- Lehrende/r: Kevin Lenk