Auch wenn es mit Selbstfindung nichts zu tun hat – das Identitätszeichen gehört zu den wichtigsten Zeichen logischer Sprachen. Die Frage, was es bedeutet, führt zu erheblichen philosophischen Schwierigkeiten: Gibt es die Identität nur einmal – oder auf jeder Stufe einer Typenhierarchie eine neue? Gibt es sie einfach so – oder ist sie relativ auf Begriffe? Können wir uns auf Leibniz' Gesetz der Ununterscheidbarkeit von Identischem verlassen – oder schließt es Veränderung aus? Und können wir uns auf Leibniz' anderes Gesetz, das der Identität von Ununterscheidbarem, verlassen – oder können sich zwei Gegenstände noch weit mehr gleichen als ein Ei dem andern? Wann haben wir es im Laufe der Zeit nicht mehr mit demselben Objekt zu tun? Als seien diese logisch-metaphysischen Fragen nicht schwierig genug, wirft die Quantenphysik weitere Probleme auf, die mit den alten einiges zu tun haben: Legt sie nicht nahe, dass es mehrere Objekte gibt, die sich in keiner Eigenschaft voneinander unterscheiden? Und dass diese Objekte  dann keine starke, sondern nur noch eine schwache Selbst-Identität haben, weil sie vertauschbar sind, und dennoch der Gesamt-Zustand identisch bleibt? Wie sollen wir noch sagen, welches Objekt welches ist, wenn wir keinem mehr eine Bahn von Aufenthaltsorten zuschreiben können? Diese Fragen werden in der Philosophie der Physik intensiv diskutiert, und auch in sie wollen wir versuchen einzusteigen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022