Der Krieg stellte im Hellenismus (336-31 v. Chr.) ein ubiquitäres Phänomen dar. Dies war in der griechischen Antike zeitweise – etwa im Peloponnesischen Krieg – auch vorher der Fall. Allerdings dürfte das Ausmaß der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Mittelmeerwelt seit dem Alexanderzug insbesondere in den Diadochenkriegen eine neue Dimension erreicht haben. Die schiere Größe der Armeen der hellenistischen Könige, die Zunahme des Söldnerwesens, neue Technologien wie verbesserte Belagerungsmaschinen und neu geschaffene Heereseinheiten wie die Elefantentruppen veränderten die Kriegführung nachhaltig. Zudem machte der in besonderem Maße auf militärische Sieghaftigkeit ausgerichtete Charakter des hellenistischen Königtums die Bewährung des Herrschers auf dem Schlachtfeld gewissermaßen zu einem Akt der Staatsräson, der zur Stabilität der Herrschaft beizutragen hatte. Angehörige des Heeres bildeten nun häufig eine eigene, für die Akzeptanz des Königs relevante Gruppe im Staat (Katökenreiter im ptolemäischen Ägypten, Heere der griechischen Poleis, Söldnerkontingente). Allerdings spielten Kriege im Hellenismus nicht nur auf der Ebene der Könige eine zentrale Rolle, sondern waren auch als Nachbarschaftskonflikte zwischen griechischen Poleis und Bundesstaaten ein endemisches Phänomen. Diese Ausrichtung auf den Krieg bewahrte die hellenistische Staatenwelt allerdings nicht davor, nach und nach im überlegenen Militärstaat der Römer aufzugehen.

Im Seminar wollen wir nach Gründen für diese Entwicklungen fragen. Dabei werden wir uns diesen Aspekten im Sinne einer Kulturgeschichte des Krieges annähern. Wir werden also nicht Schlachtverläufe rekonstruieren, sondern uns den sozialen und erinnerungsgeschichtlichen Dimensionen militärischer Auseinandersetzungen wie auch den individuellen Erfahrungen einzelner Soldaten – wie sie etwa in Grabepigrammen berichtet werden – zuwenden.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2021/22