Nach einer bekannten These von Karl Popper sind moderne Verschwörungstheorien in erster Linie als säkulare Ersatzreligionen zu verstehen. Sie weisen demnach vielfältige strukturelle und funktionale Analogien zu Religionen auf, mit denen sie als Antwort auf sozialpsychologische Unsicherheiten sowie als Ressource für intellektuelle und emotionale Orientierung nicht selten konkurrieren. Im Gegensatz zum religiösen Glauben können sich Verschwörungstheorien jedoch selbst nicht als solche reflektieren, da sie keine Trennung zwischen Glauben und Wissen vornehmen und sich deswegen stets im Einklang mit wissenschaftlichen Ansprüchen wähnen – unter weitgehender Ausblendung von Fakten und Gegenargumenten.

 

Die Veranstaltung will zum einen Begriff und Funktion von Verschwörungsmythen klären und ihre spezifische Charakteristik als (pseudo-)religiöses Phänomen analysieren. Zum anderen gilt es, das verstärktes Auftreten von Verschwörungsnarrativen in Krisensituationen sowie die besondere Resonanz digitaler Medien ins Visier zu nehmen. Auch die historischen Beziehungslinien zwischen Verschwörungstheorien und antisemitischen oder islamfeindlichen Ressentiments, Freund-Feind-Dichotomien und Sündenbockdenken sind Gegenstand des Kurses. Mithilfe von historischem und aktuellem Anschauungsmaterial sind in dieser Hinsicht von den Teilnehmer:innen Thesen zu formulieren und projektbezogen zu bearbeiten. Eine Publikationsmöglichkeit für wissenschaftliche Studien, die im Rahmen des Seminars entstehen, ist eventuell gegeben.

 

 

Studienleistung: Impulsreferat, Übungen zum wissenschaftlichen Arbeiten

 

 

Prüfungsleistung: Hausarbeit/wissenschaftlicher Essay nach Maßgabe der Prüfungsordnung

 

 

Einführende Literatur:

Butter, Michael. 2018. „Nichts ist, wie es scheint.“ Über Verschwörungstheorien. Berlin: Suhrkamp.

Popper, Karl. 71992. Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Bd. 2. Tübingen: Mohr Siebeck.

Tezcan Levent. 2020. Der Joker der Verschwörung – Verschwörungstheorien als negativer Glaube (https://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/aktuelles/schwerpunkte/epidemien/thema08_verschwoerung.html).

Wippermann, Wolfgang. 2007. Agenten des Bösen. Verschwörungstheorien von Luther bis heute. Berlin: be.bra.

 

 

Weitere Literatur wird in der ersten Sitzung bekanntgegeben.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2021/22