Bei der Lektüre Antonio Gramscis Gefängnishefte stoßen „feministisch geschulte Blicke recht bald auf eine Reihe von Hindernissen“, wie Frigga Haug 2007 in ihrem Aufsatz Mit Gramsci die Geschlechterverhältnisse begreifen konstatiert. So ist es Gramscis Anliegen als marxistischer Politiker und Journalist in seinen Analysen der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse die Analysekategorie Klasse in den Blick zu nehmen. Wie die kritische Re-Lektüre von Gramscis Arbeiten jedoch zeigt – neben Frigga Haug u.a. auch von Gayatri Chakravorty Spivak oder Stuart Hall vorgenommen – erweisen sich seine Ideen auch für weiterführende intersektionale Perspektiven als sehr fruchtbar. Welche Potenziale die Gefängnishefte Gramscis für feministische Gesellschaftskritik und die intersektionale Analyse von Geschlechterverhältnissen bereithält, werden wir im Seminar gemeinsam erarbeiten. Dazu werden wir die Schriften von Theoretiker*innen lesen, die Gramscis fragmentarisches Werk entlang zentraler Konzepte – wie Alltagsverstand, Hegemonie und Subalternität – geschlechtertheoretisch ausgeleuchtet und gesellschaftskritisch weitergedacht haben.

 

Die Teilnahmevoraussetzung für diesen Lektürekurs ist eine hohe Bereitschaft, umfangreiche und anspruchsvolle Literatur selbstständig zu lesen und zu erarbeiten. Es wird darüber hinaus vorausgesetzt, dass Sie bereits die Einführungsvorlesung Politische Theorie (oder vergleichbar) besucht haben und sich mit den Werken Antonio Gramscis oder einschlägigen Werken der Feministischen Theorie auseinandergesetzt haben.

 

Das Seminar ist zum aktuellen Zeitpunkt als digitaler Lektürekurs gestaltet. Je nach pandemischer Lage kann sich die Seminargestaltung ändern. Das Seminar startet mit einem gemeinsamen Kick-Off via Zoom. Sollten Sie zur ersten Sitzung verhindert sein, melden Sie sich bitte unter henrike.bloemen@uni-muenster.de. Der Lektürekurs wird durch einen LearnWebkurs begleitet. Den Einschreibungsschlüssel erhalten Sie zum Start der Vorlesungszeit via Mail. Als Studienleistung ist das regelmäßige Erstellen und Einreichen von Leseprotokollen vorgesehen. Die Prüfungsleistung umfasst die Abgabe einer Hausarbeit zu einem abgesprochenen Seminarthema (inkl. Vorab-Einreichung eines Kurz-Exposés). Alles Weitere wird in der ersten Zoom-Sitzung besprochen.

 

Einführende Literatur:

Gramsci, Antonio (1991-2002): Gefängnishefte. Band 1-10. Kritische Gesamtausgabe. Hamburg.

Barfuss, Thomas; Jehle, Peter (2014): Antonio Gramsci zur Einführung. Hamburg.

 

Haug, Frigga (2007): Mit Gramsci die Geschlechterverhältnisse begreifen. In: Merkens, Andreas; Rego Diaz, Victor (Hg.): Mit Gramsci arbeiten. Texte zur politisch-praktischen Aneignung Antonio Gramscis. S. 33-53.

Ludwig, Gundula (2007): Gramscis Hegemonietheorie und die staatliche Produktion von vergeschlechtlichten Subjekten. In: Das Argument. Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaft. Nr. 270, Jg. 49. S. 196-205.

Wöhl, Stefanie (2007): Staat und Geschlechterverhältnisse im Anschluss an Antonio Gramsci. In: Buckel, Sonja; Fischer-Lescano, Andreas (Hg.): Hegemonie gepanzert mit Zwang. Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis Antonio Gramscis. S. 67-83.

Castro Varela, María do Mar; Dhawan, Nikita; Engel, Antke (2016): Hegemony and Heteronormativity. Revisiting ‘the Political’ in Queer Politics. Farnham.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2021/22