Fast alle tun’s. Fast alle wollen’s. Fast alle denken daran (nicht immer, aber oft): SEX. Um mit Schopenhauer zu sprechen: Man kann „weder an der Realität, noch an der Wichtigkeit der Sache zweifeln”.

Wie Schopenhauer aber auch feststellt, war zumindest noch zu seiner Zeit diese „Sache, welche im Menschenleben durchweg eine so bedeutende Rolle spielt, von den Philosophen bisher so gut wie gar nicht in Betrachtung genommen” worden.

Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich das geändert. Einerseits haben Philosophen sich intensiver mit begrifflichen Fragen zur Sexualität befasst: Was ist eine sexuelle Handlung? Geht sie immer mit Berührung einher? Was ist sexuelle Begierde? Worauf genau richtet sie sich? Beide Begriffe – jener der sexuellen Begierde und jener der sexuellen Handlung – scheinen mit dem Begriff des sexuellen Vergnügens zusammenzuhängen. Was ist ein sexuelles Vergnügen? Besteht es im Orgasmus und dessen Anbahnung? Oder bestehen sexuelle Vergnügen (auch) in etwas anderem? Wenn sich – worauf einiges hindeutet – das sexuelle Vergnügen von Männern und Frauen unterscheidet, kann es dann überhaupt eine Theorie der Sexualität geben?

Auf der Grundlage begrifflicher Klärungen lassen sich auch normative Fragen genauer fassen. Zwar ist die Sexualität als solche in liberalen westlichen Gesellschaften moralisch und juridisch weitgehend entlastet – einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen sind zulässig, egal wie ungewöhnlich die von ihnen bevorzugten Sexualpraktiken sind. Wie aber sind das Prostitutions- und das Pornographiegewerbe zu beurteilen? Verletzen sie nicht die Würde der Beteiligten, selbst wenn sie freiwillig „mitmachen”? Was ist aus moralischer Sicht von Inzest und Sodomie zu halten? Gibt es so etwas wie genuin sexuelle Verpflichtungen? Und schließlich die Fragen aller Fragen: Was ist guter Sex, im Unterschied zu schlechtem? Ist es einfach nur Sex, der besonders viel Vergnügen verschafft (wem?), oder gibt es darüber hinausgehende sexuelle Tugenden?

Dies ist nur eine Auswahl aus dem breiten Spektrum der Fragen und Themen, die sich der Philosophie der Sexualität stellen. Wir werden nicht umhinkommen, eine Auswahl zu treffen. Welche Texte wir gemeinsam lesen und diskutieren, wird zu Beginn des Seminars bekannt gegeben.

Sollten im WS 2021/22 keine Präsenzsitzungen möglich sein, wird das Seminar verschoben und stattdessen ein Seminar zu einem anderen Thema, aber im selben Modul und zur selben Zeit stattfinden.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2021/22