Entgegen der Indienstnahme und 'Politisierung' des Begriffs für rezente Erscheinungsformen und Entwicklungen im staatsrechtlichen, philosophischen und theologischen Diskurs des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart versucht das Seminar einen wertfreien Umgang mit Politischer Theologie, aus historisch-kritischer Distanz und in konkreter Anwendung auf die germanischen Nachfolgereiche des Imperium Romanum im (lateinischen) Westen. Grundfaktoren wie Christianisierung, Verhältnis zwischen Germanen und Romanen, Verschriftlichung und Verrechtlichung etc. prägten nicht nur die Entwicklung dieser Reiche als solche, sondern zeichnen, je nach dem Grad ihrer Entwicklung, auch für Unterschiede zwischen den einzelnen Reichen verantwortlich. Gilt dies auch für die Politische Theologie? Und ist sie hier nur mehr oder weniger theoretische Reflexion zwischen geistlicher und weltlicher Sphäre, über die Bedeutung des Politischen in der Theologie und vice versa, oder hat sie ihren 'Sitz im Leben', konkret in der Gestaltung und Gewichtung des Verhältnisses von Kirche und 'Staat' in diesen Reichen? Antworten auf solche Grundfragen und natürlich auf weitere spezielle Fragen in diesem Umfeld sollen mithilfe eingehender Quellenlektüre gefunden werden. Einen erkennbaren Schwerpunkt wird hierbei das Westgotenreich von Toledo (507-711/725) bilden, das für die Leitfrage einen breiten Quellenfundus bietet und in der einschlägigen Literatur gut erschlossen ist.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2021/22