Verschwörungen waren im europäischen Mittelalter keinesfalls ungewöhnlich, sondern stellten eine verbreitete Form der Vergemeinschaftung dar. Stadtkommunen, Kaufmannsgilden, Handwerkerzünfte, oder auch die ersten Universitäten, die im Mittelalter entstanden, waren ‚Schwureinungen‘. Das Seminar wird diese „conjurationes“ und ihre jeweiligen Kontexte in den Blick nehmen und dabei die Entwicklung mittelalterlicher Gesellschaften zu einer Kultur sozialer Gruppen verfolgen. Verschwörungen konnten im Mittelalter jedoch auch im Kontext von Rebellionen entstehen, indem sie kollektives Handeln gegen gemeinsame Gegner ermöglichten. Aus deren Perspektive konnten Schwureinungen also auch als bedrohliche Phänomene erscheinen, die die soziale Ordnung gefährdeten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im späteren Mittelalter schließlich auch zunehmend Verdächtigungen von vermeintlichen ‚Verschwörungen‘ begegnen, denen heimliche Machenschaften und verborgene Pläne zum Schaden der Gemeinschaft unterstellt wurden. Solche Vorwürfe konnten sich beispielsweise gegen Juden richten, aber auch zahlreiche andere soziale Gruppen treffen. Hier lassen sich frühe Formen von ‚Verschwörungstheorien‘ in Europa beobachten, die teilweise propagandistisch eingesetzt wurden. Im Proseminar sollen ausgewählte Beispiele für derartige Verschwörungen und Verschwörungstheorien aus unterschiedlichen Jahrhunderten des Mittelalters behandelt werden. Zudem wird eine allgemeine Einführung in die Quellen, Fragestellungen und Arbeitstechniken der mittelalterlichen Geschichte geboten.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2021