Die Corona-Pandemie macht es mit erschreckender Deutlichkeit sichtbar: Seuchen sind die sozialsten aller Krankheiten. Sie treffen ganze Gesellschaften, sie verschärfen soziale Ungleichheit und schüren soziale Konflikte. Diese aktuellen Probleme bilden den Ausgangspunkt für das Hauptseminar und für eine Spurensuche durch die Seuchengeschichte des 19., 20. und 21. Jahrhunderts. Wir untersuchen Epidemien und Pandemien wie Pocken und Polio, „Spanische” und „Hongkong-Grippe”, AIDS, Ebola und Corona als Seismografen des Sozialen, mit denen gesellschaftliche Verwerfungen und Wandlungsprozesse sichtbar werden. Was sagt die Seuchenbekämpfung über das Verhältnis des Einzelnen zur Allgemeinheit aus? In welcher Beziehung stehen Staat und Wirtschaft, individuelles und Allgemeinwohl zueinander? Warum machen Seuchen Sündenböcke, welche Formen und Folgen sozialer Ausgrenzungen lassen sich im Seuchenfall beobachten? Und warum eröffnet die Seuchenbekämpfung einen Wettbewerb der Nationen um die gesündere Gesellschaft? Kurz gesagt geht es im Hauptseminar nicht um medizinische Erkenntnisse im engeren Sinne, sondern um gesellschaftliche Phänomene und Wandlungsprozesse, an denen sich letztlich eine andere Geschichte der Moderne nachzeichnen lässt.

Mit dieser Schwerpunktsetzung verfolgt das Hauptseminar drei Ziele. Zunächst einmal sollen Sie einen Überblick über die Geschichte der Moderne gewinnen, um Pandemien in gesellschaftliche Kontexte einzuordnen. Außerdem operieren wir in dem Seminar an der Schnittstelle von Politik-, Wissens-, Medien-, Medizin-, Körper- und Alltagsgeschichte, so dass Sie Einblicke in unterschiedliche kulturgeschichtliche Ansätze erhalten. Und nicht zuletzt sollen Sie an der Auseinandersetzung mit Seuchen Ihre Kompetenzen für die Arbeit mit unterschiedlichen Quellenarten erweitern.

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2021