In diesem Lektürekurs werden wir uns mit dem US-amerikanischen Philosophen Michel Sandel und seinem neuesten Buch auseinandersetzen. Sandel lehrt Philosophie in Harvard und wurde berühmt durch seine Auseinandersetzung mit Rawls‘ Theorie der Gerechtigkeit. Er wird als ein Kernvertreter des Kommunitarismus wahrgenommen, und seine Vorlesungen über Gerechtigkeitsfragen sind über die Grenzen seiner Universität hinaus berühmt. In seinem aktuellen Buch setzt er sich damit auseinander, inwieweit sich soziale Ungleichheit durch individuelles Verdienst rechtfertigen lässt. Ist es gerechtfertigt, dass Fußballprofis, erfolgreiche Schauspieler*innen oder Manager*innen ein Vielfaches von normalen Angestellten verdienen, weil sie sich besonders angestrengt haben, besonders talentiert oder besonders führungsstark sind? Sind die Armen im Umkehrschluss zurecht arm, weil sie diese Tugenden nicht haben? Sandel bezweifelt, dass die große und vielen Ländern ansteigende Ungleichheit meritokratisch – also durch individuelle Leistung – begründet werden kann. Denn welche Leistungen in einer Gesellschaft besonders geschätzt und großzügig vergütet werden, verändert sich über Zeit und unterscheidet sich zwischen Ländern. Wenn jedoch Ungleichheit weniger auf individueller Leistung, sondern auf sozialen Normen und Zufall beruht, stellt sich die Frage, wie darauf politisch reagiert werden sollte. Wird nicht auf ungerechtfertigte Ungleichheit reagiert, schürt dies Unzufriedenheit und die Unterstützung rechtspopulistischer Parteien, argumentiert Sandel.

 

In diesem Kurs setzen wir uns intensiv mit Sandels Buch „Vom Ende des Gemeinwohls. Wie die Leistungsgesellschaft unsere Demokratien zerreißt“ auseinander. Statt einzelne Aufsätze zu lesen, werden wir das gesamte Buch schrittweise lesen und detailliert besprechen. Dabei werden wir uns auch mit Sandels philosophischen Grundüberzeugungen befassen und fragen, inwiefern die Diagnose, die durch den Blick auf die Vereinigten Staaten geprägt ist, auf andere Länder übertragbar ist.

 

Eine Studienleistung besteht darin, entweder für zwei Sitzungen zweiseitige Zusammenfassungen für die Textabschnitte zu erstellen, die an dem Tag besprochen werden, oder für drei Sitzungen fünf Leitfragen zum Text auszuarbeiten. Sowohl die Leitfragen als auch die Zusammenfassungen müssen vor der Sitzung hochgeladen werden. Als Prüfungsleistungen können Hausarbeiten nach Maßgabe der jeweiligen Prüfungsordnung erbracht werden.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2021