Unter dem Begriff des Fürstenspiegels lässt sich ein breites Spektrum unterschiedlicher Texte subsummieren. Zu diesen gehören Traktate über Politik- und Staatstheorie wie auch konkrete Ratgeber-Literatur bis hin zu ermahnenden Briefen. Der Begriff wurde zunächst in der Mediävistik sowie in der Forschung zur frühen Neuzeit geprägt und findet heute auch in anderen Zweigen der historischen Forschung Anwendung. Das Konzept wurde insbesondere von der Altertumswissenschaft übernommen. Versucht man sich trotz der großen Bandbreite des Materials an einer allgemeingültigen Definition der literarischen Gattung Fürstenspiegel, so handelt es sich bei diesem um einen in paränetischer Absicht verfassten Text, der sich entweder an einen konkreten Herrscher oder an die soziale Gruppe der Herrschaftsträger im Allgemeinen wendet. Allen Fürstenspiegeln ist gemeinsam, dass sie dem jeweiligen Adressaten den Spiegel vorhalten, woher sich auch der Name ableitet.

Fürstenspiegel richteten sich zunächst primär an Könige, später auch an Fürsten oder die gewählten Regenten italienischer Stadtkommunen. Stets geben sie Einblicke in das Herrscherideal ihrer Zeit und erlauben eine tiefere Einsicht in das Amtsverständnis eines Monarchen wie auch in die Erwartungen, die an einen mittelalterlichen Regenten herangetragen wurden. Diese Quellenübung soll den Rahmen bieten, um sich näher mit einigen ausgewählten Exempla dieser Literaturgattung zu beschäftigen. Die Beispiele spannen einen Bogen von frühmittelalterlichen Königsspiegeln des karolingischen Frankenreiches über Fürstenspiegel des Hochmittelalters im Heiligen Römischen Reich und in Italien bis hin zu solchen, die im Kontext der englischen und französischen Krone entstanden sind.  

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Semester: SoSe 2021