Wie lässt sich der Übergang von der »mikrologischen« Ebene subjektiver Sinngebungen, Interaktion und deren inhärenten Dynamik zur makrotheoretischen Ebene einer z.B. durch die Strukturproblematik einer funktional differenziert, arbeitsteilig organisiert zu kennzeichnenden »Vergesellschaftetheit« analytisch und methodisch gestalten? Bei dieser Frage wird im Bereich des sog. »interpretativen Paradigmas« der Sozialforschung inzwischen nicht mehr nur ablehnend der Kopf geschüttelt oder achselzuckend auf die fachinterne Pluralität und Diversität der Interessen verwiesen. Zwar gilt nach wie der Grundsatz, dass die empirische Sozialforschung, so sie »qualitativ« vorgeht, auf keinen Fall den rückschrittigen Fehler begehen darf, die eingestreute Kontingenz ihrer untersuchten »Subjekte« nur soweit zu berücksichtigen, wie sie als (unvollständige) Einspeisungen und Beiträge für allgemeine Zweck- und Wert- bzw. Rationalitätsunterstellungen anschlussfähig und resonanzfähig sind. Gleichzeitig tendieren die Gegenstrategien dazu, entweder jene allgemeinen Rationalitätssphären auf deren subjektive Erscheinungsweisen auszudünnen; oder sie machen an der Grenze zwischen Milieu und Person derart starke Konzessionen, dass für die Frage nach der Rückanbindung der Reichweite der für gewöhnlich aufwendig analysierten Materialien am Ende keine Zeit mehr bleibt oder sie gar aposeopetisch im diffusen Grau einfacher »Strukturreproduktion« verhallt. Das Seminar nimmt sich dieser offenen Problemlage zunächst auf der Basis einschlägiger Positionen im Spektrum der interpretativen Soziologie an. Es geht dabei nicht nur darum, herauszuarbeiten, inwiefern das Problem der »Reichweite« qualitativer Sozialforschung überhaupt besteht. Näher zu prüfen sein wird, ob die qualitative Sozialforschung durch unterschiedliche methodische Entscheidungen sich nicht weitestgehend unnötig um ihr gesellschaftsanalytisches Mandat beschneidet.

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2021