Der sogenannte Investiturstreit ist vor allem wegen seiner heftigen Auseinandersetzungen zwischen Päpsten und Kaisern bekannt – oder präziser formuliert, zwischen der päpstlich geleiteten lateinischen Kirche des Hochmittelalters und mehreren weltlichen Herrschern, unter denen neben dem römisch-deutschen Kaiser auch weitere europäische Könige waren. In einem über Dekaden währenden Ringen zwischen diesen und vielen weiteren Akteuren wurden im 11. und 12. Jahrhundert wichtige Weichen für das Verhältnis von Religion und Politik neu gestellt, deren Abläufe und Kontexte Gegenstand der Vorlesung sind.

Grundlegend werden zunächst die wichtigsten Stationen der Erforschung des Hochmittelalters und seiner Umbrüche zu reflektieren sein, da es häufig Gegenstand identitätsstiftender historischer Meistererzählungen geworden ist. In Aufnahme neuerer Forschungen sucht die Vorlesung dann, entlang des roten Fadens der politischen Ereignisse auch tiefergehende kulturelle Transformationen ins Auge zu fassen, besonders für den Bereich der Konfliktkultur und Öffentlichkeit: Das 11. und 12. Jahrhundert sind nicht nur eine Zeit neuer religiöser Bewegungen und institutioneller Transformation in der Politik, sondern brachten auch wichtige Neuerungen in Recht und Wissenschaft. Gesellschaftliche Spannungen führten zur Entstehung neuer Formen öffentlicher Debatte, während gleichzeitig die kulturellen Grenzen und Identitäten der Regionen, die wir heute als 'Europa' bezeichnen, in Begegnung mit angrenzenden Kulturen neu ausgehandelt wurden.

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2021