Syrien befindet sich seit 2011 in einem „Bürgerkrieg”, in dem Hunderttausende von Menschen den Tod fanden, Millionen von Zivilisten ins Ausland flüchteten und ganze Städte und Ortschaften zerstört wurden. Diese politische und humanitäre Katastrophe kann nur verstanden, wenn man sich die wichtigsten Stationen der politischen Entwicklung Syriens vergegenwärtigt. Das Land wurde 1946 nach einem nationalen Befreiungskampf gegen die französische Besatzung unabhängig. Zwischen 1958 und 1961 kam es zu einer politischen Einheit mit Ägypten, die von einem Putsch syrischer Militärs beendet wurde. Nach einer dreijährigen parlamentarischen Demokratie übernahmen im März 1963 der Baath-Partei nahe Offiziere die Macht und errichteten ein Ein-Parteien-Regime. Im Juni 1967 kam es zum „Sechs-Tage-Krieg” mit Israel, der mit einer schweren Niederlage für Syrien endete. Drei Jahre später (1970) putschte der damalige Verteidigungsminister General Hafez al-Asad und behielt die politische Macht bis zu seinem Tode im Jahre 2000. Im Oktober 1973 kam es zu einem neuen Waffengang mit Israel, der die Niederlage von 1967 ausglich. 1979 – 1982 fand ein islamistischer Aufstand statt, den das Asad-Regime mit militärischer Gewalt niederschlug. In der mittelsyrischen Stadt Hama beging die Armee grauenhafte Massaker an der Zivilbevölkerung. Nach dem Tode von Hafez al-Asad (2000) wurde die Macht seinem vierunddreissigjährigen Sohn Bashar beerbt. Im März 2011 brachen, vom „Arabischen Frühling” inspirierte friedliche Proteste aus, die Freiheit und Menschenwürde forderten. Das Regime reagierte darauf mit dem Einsatz der Armee und der Milizen (Shabbiha). Als das nicht half, holte sich das Regime militärische Hilfe von der libanesischen Hizbu-Allah, Russland und Iran. In Nord-Ost-Syrien errichteten al-Qa'ida-nahe radikale Djihadisten den sogen.„Islamischen Staat” (IS), der durch ein von den USA geführtes militärisches Bündnis bekämpft wurde. In den vom IS befreiten Gebieten etablierten kurdische Milizen mit amerikanischer Unterstützung eine von ihnen beherrschte Verwaltung. Im Bezirk Idlib schuf eine islamistische Gruppe von ihr dominierte politische Strukturen. Um die Entstehung eines kurdischen Staates an ihrer südlichen Grenze zu verhindern, mischte sich die Türkei in Nordsyrien militärisch ein und vertrieb die kurdischen Milizen aus diesen Gebieten.

 

In diesem Lektürekurs werden wir ausgewählte politische und literarische Texte zur Entwicklung Syriens von der Unabhängigkeit bis heute lesen und analysieren. Von den Teilnehmern*innen erwarte ich aktive Teilnahme, bzw. Anwesenheit, Vor und Nachbereitung der Texte und die Erstellung von Kurzreferaten.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2020/21