Die Welten der Frühen Neuzeit können aus heutiger Sicht so fremd erscheinen wie Kulturen am anderen Ende der Welt. Sie waren zum größten Teil Welten der Bauern, ihrer Dörfer, ihres Überlebenskampfes, ausgeliefert den Konjunkturen des Klimas und der Preise. Sie waren aber auch Welten der krassen Ungleichheiten, der erblichen Privilegien und Herrschaftsrechte, des Prunks der Wenigen und ihrer Verschwendung. Sie waren Welten des Glaubens, der Riten, der Vorstellungen und Visionen über die Macht des Unsichtbaren in der sichtbaren Welt. Sie waren Welten voller Unsicherheit und Gewalt, voller Kriege und Konflikte. Aber sie waren eben auch dies: Welten voller Revolutionen, nicht nur der politischen Verhältnisse, sondern auch des Glaubens, des Wissens, des Arbeitens, Welten der Entdeckungen und Begegnungen. Die Vorlesung wird den Versuch unternehmen, Orientierung zu vermitteln über diese Welten, nicht im Stile einer linearen Erzählung, sondern systematisch, aus verschiedenen Perspektiven. Deren Verknüpfung soll gleichwohl ein Gerüst ergeben, von dem aus eine Fernsicht über die Epoche möglich wird. Im Zuge dessen werden auch die unterschiedlichen Fragestellungen und Baustellen der Frühneuzeitforschung zur Sprache kommen. Nicht die geringste Herausforderung wird darin bestehen, aus der Sicht der Gegenwart, also aus der Zukunft der Frühen Neuzeit, die Dynamik von Welten im Wandel zu begreifen, die gleichwohl keine Ahnung von ihrer Zukunft hatten – von unseren Welten.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2020/21