Seit den 1990er Jahren gehören Erinnerungsorte zu den am intensivsten umworbenen geschichtswissenschaftlichen Konzepten. Der Terminus „Erinnerungsort“ gilt dabei als eine Metapher, denn er steht nicht alleine für topographisch definierbare Orte, sondern für viel mehr. Erinnerungsorte können ebenso materieller wie immaterieller Natur sein. Zu ihnen gehören reale wie mythische Gestalten und Ereignisse, Gebäude und Denkmäler, Institutionen und Begriffe, Bücher und Kunstwerke. Es handelt sich also um langlebige, Generationen überdauernde Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung und Identität, die in den gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Alltag eingebunden werden. Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit Erinnerungsorten steht somit auch stets in der Kontinuität der Erforschung des kollektiven Gedächtnisses. In der Übung soll einerseits der Versuch unternommen werden, den Begriff „Erinnerungsort“ neu zu durchdenken. Andererseits soll er im Komplex der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte im Mittelalter ausfindig gemacht werden.

Die deutsch-polnische Geschichte ist alleine durch die direkte Nachbarschaft beider Länder in vielerlei Hinsicht und über Jahrhunderte hinweg miteinander verwoben. Es wird daher nicht groß überraschen, dass die innere Vielfalt der beiden Gesellschaften auf Grund ihrer Nachbarschaft über einen relativ großen Bestand materieller Gemeinsamkeiten verfügt, die jedoch meist recht unterschiedlich erinnert werden. So lässt sich, ohne die Kenntnis der polnischen Geschichte, die Deutsche nur unvollkommen verstehen. Gleiches gilt auch in entgegengesetzter Richtung.

Die Übung soll darüber hinaus auch dazu genutzt werden, um das Lesen wissenschaftlicher Texte sowie eine kritische Auseinandersetzung damit einzuüben.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2020/21
ePortfolio: No