Der affirmative Fokus auf gesellschaftliche Diversität geht mit einer gesteigerten Sensibilität um Formen von Diskriminierung einher. Geschlechtliche, ethnische, religiöse, aber auch anderweitige körperbezogene Formen von Benachteiligung bilden immer mehr den Gegenstand politischer Kontroversen. Dabei genießen subtile, alltägliche Formen negativer Behandlung besondere Aufmerksamkeit, wie sie auf diversen themati-schen Foren wie #meToo, #meTwo oder auch 'alltäglicher Rassismus' bzw. 'Critical Whiteness debattiert werden. Die Diagnose 'Microaggressions' zieht mitunter die Forderung nach 'Safespaces' nach sich; sprachliche Sensibilität ruft nach Trigger-Warnungen, die zum Schutze der 'traumatisierten' Personen und Gruppen dienen sollen. Neben dem Vorwurf 'political correctness', der inzwischen nicht nur aus dem Rechtspopulismus kommt, wird inzwischen kritisch darauf hingewiesen, dass sich im Diskurs über Diskriminierung immer mehr eine 'Opferkultur' breitmache. Es ist gar davon - ironisch - die Rede, dass das "Opfer der neue Held" sei. Mitun-ter wird auch, vor allem an den Universitäten, vor Gefährdung der Meinungsfreiheit durch moralisierende Sprachzensur in Forschung und Lehre gewarnt. In diesem Lektüreseminar werden wir uns mit der Frage befassen, ob tatsächlich und inwiefern überhaupt in Auseinandersetzungen um 'Diskriminierung' eine Kultur von 'Victimhood' (Opferkultur) etabliert. Dabei geht es zugleich um die Frage, auf welche Weise noch möglich ist, das emanzipatorische Potenzial der Kri-tik an diversen Formen von Ungleichbehandlung zu erhalten, ohne den Vorwurf auf 'Wettbewerb um Opfer-sein' zu bestärken. Das Seminar bewegt sich primär entlang der Lektüre des Buches von Campbell und Manning mit zusätzlichem Lesematerial und wird sich dabei mit aktuellen Beispielen befassen, um die sich gesellschaftliche Kontroversen ausgelöst haben.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2020/21