In der Medienlinguistik unterziehen wir sogenannte „Fakenews“ oder tendenziöse öffentliche Diskurse einer kritischen Prüfung mithilfe von sprachwissenschaftlichen Mitteln. Wir analysieren zum Beispiel Pressetexte nach streng objektiven Kriterien hinsichtlich ihrer logischen Kohärenz und hinsichtlich ihrer Korrespondenz zu empirisch überprüfbaren Fakten. In dieser objektiven und widerspruchsfreien Herangehensweise liegt der Wert des wissenschaftlichen Zugangs zu Medieninhalten, was vor allem in Zeiten von Corona eine existenzelle Relevanz bekommt. Denn im Zeitalter von interaktiven Kommunikationsformen wie Social Media beobachten wir die Tendenz zur Verschiebung der Argumentationsmuster von der Sachebene hin zu subjektiven Meinungen – zunehmend sortiert in individualisierten Filterblasen, die einen gefährlichen Nährboden für strategische Machtkommunikation und Propaganda darstellen. Angesichts der digitalen Revolution sollten wir als Gesellschaft und jede/r einzelne von uns täglich die objektive und kritische Perspektive einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers einnehmen, um den Überblick in unserer hochkomplexen Medienlandschaft nicht zu verlieren und (Pseudo-)Argumente jeglicher Art auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. Vielleicht bedarf es einer neuen Ära der Aufklärung im Sinne eines digitalen „Sapere Aude!“. Dass eine zeitgemäße Wissenschaft selbst unabhängig bleiben muss – auch finanziell –, um sich nicht zum Sprachrohr von Agitatoren in den angesprochenen Machtdiskursen zu machen, sollte vor diesem Hintergrund als zwingend notwendig verstanden werden.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2020/21