Entgegen der populären Vorstellung eines Mittelalters, in dem wenige Männer und noch weniger Frauen Zugang zu Bildung und somit Schriftkenntnissen hatten, möchte dieses Seminar die zahlreichen Varianten und vielfältigen Formen mittelalterlicher Schriftkulturen und die davon betroffenen Lebensbereiche in den Mittelpunkt stellen. Diese Übung bietet einen Überblick über theoretische Angebote zur Schriftlichkeit sowie eine quellenbasierte Vertiefung zu Schriftkulturen des Mittelalters. Im asynchronen Teil des Seminars werden Grundlagentexte z.B. zu Oralität vs. Schriftlichkeit, zur mittelalterlichen Verteilung vs. heutiger Erhalt von Handschriften, von männlicher und weiblicher Lese- und Schreibpraxis, vom Verhältnis von Latein und Volkssprache oder von religiöser Schriftlichkeit vs. Laienpraktik bearbeitet, die dann im synchronen Teil anhand konkreter Quellenbeispiele unterschiedlichsten Typen und Materialitäten wie Urkunden, Chroniken, Haushaltsbüchern, Rechnungslisten, Unterrichtsmitschriften, Luxushandschriften etc. analysiert werden. Ziel ist es, eine grundlegende Diskussion über die aktuellen Forschungsfragen von Schriftlichkeit und Schriftkulturen zu führen und deren Funktionen, Kontexte und Wissensformen anhand mittelalterlicher Quellen anzuwenden und auszudifferenzieren.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2020/21