Als der französische Historiker Pierre Nora sich in den späten 1970er Jahren vornahm, eine Geschichte Frankreichs zu schreiben, stieß er auf ein Problem. Bei vielen Themen seines Vorhabens hatte ihre Bedeutung in der Gesellschaft dazu geführt, dass nicht die Erforschung der Quellen, sondern die kollektive Erinnerung in der Geschichtskultur die Inhalte und Deutung dominierte. Nora hielt es daher für notwendig, zunächst den Einfluss dieser Diskurse zu erforschen, was zu einem umfangreichen Forschungsprojekt anwuchs. Die von der Erinnerung überformten Themen nannte Nora „lieux de mémoire“ (Erinnerunsgorte). Erinnerungsorte sind jede materielle oder ideelle Bedeutungseinheit, die der Wille der Menschen oder die Arbeit der Zeit in einen symbolischen Bestandteil des memoriellen Erbes einer Gemeinschaft verwandelt hat.“ Es kann sich dabei um Topographische Orte, Gebäude, reale und mythische Personen, Ereignisse, Lieder, Symbole, literarische Texte, Feiertage, Rituale, Institutionen usw. handeln. Noras Konzept löste eine Welle geschichtskultureller Forschungen aus, die bis heute nachwirkt. Im Seminar wird in diese Forschungen anhand von Erinnerungsorten mit Bezug zur Region Westfalen eingeführt. Unter anderem werden die Varusschlacht und die Wiedertäufer thematisiert.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2020/21